800 Jahre Gernsbach

Aus Anlass des 800-jährigen Stadtjubiläums legen zehn Autorinnen und Autoren nun erstmals eine moderne Gesamtdarstellung der Geschichte Gernsbachs vor. Sie geben darin einen fundierten Überblick über zentrale Ereignisse und Entwicklungen sowie das städtische Leben seit dem Mittelalter bis heute. Die Beiträge und mehr als hundert Abbildungen veranschaulichen den langen Weg, den die Stadt und ihre Menschen in den vergangenen 800 Jahren bis zur Gegenwart zurückgelegt haben.

Buchpräsentation in der Stadthalle mit Rainer Hennl, Kurt Hochstuhl, Wolfgang Froese, Regina Meier und Sabine Katz.

Eine große Herausforderung für die Autorinnen und Autoren war, dass die vorhandenen Vorarbeiten für diese Gesamtdarstellung sehr ungleichmäßig und lückenhaft waren. Weite Bereiche insbesondere der jüngeren Gernsbacher Geschichte sind bislang wenig oder nie aufbereitet worden, weshalb es intensiver eigener Forschungsarbeiten bedurfte. Zum Jubiläumsjahr erscheint das umfangreiche Gemeinschaftswerk, das die Geschichte Gernsbachs quellenorientiert und damit  kritisch darstellt und so auch einen nüchternen Blick auf die künftigen Herausforderungen eröffnet.

Das Werk wird im Auftrag der Stadt Gernsbach von Stadtarchivar Wolfgang Froese herausgegeben.

368 Seiten, ca. 100 Abbildungen, Register, gebunden, 34,- Euro

INHALT

Bürgermeister Julian Christ: Vorwort

Wolfgang Froese und Regina Meier: Einführung
Oliver Fieg: Das mittelalterliche Gernsbach: 1219–1505
Rainer Hennl: Zeit des Wandels: 1505–1660
Cornelia Renger-Zorn und Max Schlenker
mit einem Beitrag von Ulrich Maximilian Schumann: Unter der Herrschaft absoluter Fürsten: 1661–1803
Kurt Hochstuhl: Von bürgerlicher Emanzipation und „Ungehorsam“: 1803–1849
Wolfgang Froese: Auf dem Weg in die Moderne: 1850–1914
Martin Walter: Prägende Jahre zwischen den Kriegen: 1914–1945
Regina Meier: Erfahren – Erleben – Gestalten: 1945–1974
Volker Neuwald: Stadtentwicklung im Rekordtempo: 1975 bis heute

Das Buch ist erhältlich über den Casimir Katz Verlag, Gernsbach

Die siebziger Jahre in Gernsbach

Die Feierlichkeiten zur 800-jährigen Geschichte der Stadt Gernsbach haben eine intensive Beschäftigung mit der lokalen Historie angestoßen. Dabei rücken nicht nur die vergangenen Jahrhunderte in den Mittelpunkt der Betrachtung, vielmehr wird auch die jüngere Vergangenheit zunehmend beachtet.

Ein wichtiges Jahrzehnt für Gernsbach waren die 1970er Jahre. Bislang nicht sonderlich beachtet, haben sie für die Entwicklung Gernsbachs herausragende Bedeutung. In diesen Jahren erhielt Gernsbach seine heutige Struktur. Nicht nur die Gemeindereform sorgte für veränderte Verhältnisse, neue kommunale Bauten veränderten das Gesicht von Gernsbach. Im Bereich Handwerk und Handel sorgten die Strukturänderungen für neue Formen des Kaufens und Verkaufens. Mit dem Jugendzentrum und dem Kommunalen Kino entstanden zwei neue Ausdrucksformen kulturellen Lebens. Bedeutsam war auch das Entstehen der Altstadtfeste, ursprünglich als Bürgerfest initiiert, von dem man nicht erwartete, dass es über 40 Jahre Bestand haben würde. Aber auch die Uranfunde im Waldbachtal hielten die Stadt in Atem. 

Dieser Beitrag kann nicht umfassend die gesamte Entwicklung des Jahrzehnts behandeln, anhand einzelner Ereignisse kann man schlaglichtartig den Puls der Zeit spüren.

Einschneidende Veränderungen in der Verwaltung

Anfang der siebziger wurde die Gemeindegebietsreform umgesetzt. Dieser Verwaltungsakt hatte das Ziel, leistungsfähigere Gemeinden zu schaffen. Durch diese größeren Verwaltungseinheiten erwartete sich die damalige Landesregierung eine effizientere Arbeit in den Gemeinden.

Eingemeindung
Die Eingemeindungen von Staufenberg, Lautenbach, Reichental und Obertsrot-Hilpertsau bestimmten das lokalpolitische Geschehen in den siebziger Jahren.

Im Zuge der dieser Gemeindereform kamen Staufenberg  (1.1.1971), Lautenbach (1.1.1973), Obertsrot-Hilpertsau (1.7.1974) und Reichental (1.1.1975) zu Gernsbach hinzu.

Bereits bei der ersten Eingliederung von Staufenberg gab es vorab viele Abstimmungen. Von den knapp 800 abgegebenen Stimmzetteln stimmten 629 für „Ja“ (79 Prozent). Eine der Forderungen Staufenbergs nach einem beheizten Freischwimmbad im Hahnbachtal wurde der Stadt Gernsbach zurückgegeben und erhitzte noch lange die Gemüter. Die Eingliederung Lautenbachs lief in ruhigeren Bahnen. Letztlich wurde in einem Festakt der ausscheidende Bürgermeister Alois Schiel feierlich verabschiedet. Hilpertsau und Obertsrot fusionierten 1970. Die beiden Gemeinden verbanden schon längst viele Gemeinsamkeiten. Recht zügig wurde das 19 Paragraphen umfassende Schriftstück über den Eingemeindungsvertrag mit Gernsbach erarbeitet und schließlich zum 1. Juli 1974 unterzeichnet. „Ab 1.1.1975 gehört Reichental zur Stadt Gernsbach“, so beginnt die Titelseite des Stadtanzeigers 1975. Damals wurde in der Silvesternacht durch den Bürgermeister Oswald Sieb über die Ortsrufanlage die Neuigkeit verkündet. Er ging in seiner Ansprache auch darauf ein, dass sich die Mehrheit der Reichentäler wohl für eine Eigenständigkeit der Gemeinde entschieden hätte, aber dies verwaltungsrechtlich nicht durchsetzbar war.

Bürgermeister Rolf Wehrle
Bürgermeister Rolf Wehrle (Mitte) mit Wolfgang Dieterle (links) und seiner Frau Irene. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

Die Eingemeindungen waren ein wahrer Prüfstein für den neugewählten Bürgermeister Rolf Wehrle. Er hatte 1969 das Amt von dem langjährigen Bürgermeister August Müller übernommen und stand sogleich den Herausforderungen der Gemeindereform gegenüber, eine Aufgabe, bei der nicht nur er Neuland betrat.

Neubauten verändern das Gesicht der Stadt

Hochhaus Baccaratstraße
Der Neubau in der Baccaratstraße gehörte zu den ersten hohen Häusern in Gernsbach. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

In Gernsbach wurde in den siebziger Jahren der Trend der Zeit, Hochhäuser in den Zentren und Hochhaussiedlungen an den Stadträndern zu bauen, ebenfalls umgesetzt. Die Entwicklung ging in Richtung autogerechte Stadt. Großbaustellen wurden begonnen, alte Häuser hatten wenig Fürsprecher, die siebziger Jahre waren eher ein Zeitalter des Abrisses.

Einschneidende Veränderungen fanden in der Waldbachstraße statt. Bis in die siebziger Jahre beherrschten eng aneinandergebaute kleine Häuser die schmale Straße. Die traditionelle Heimat von Handwerkern wie Schlosser und Drechsler sowie Händlern gehörte der Vergangenheit an. Die Häuser zeigten Spuren der Zeit, sie waren zum großen Teil sanierungsbedürftig. Nach und nach wurden sie abgerissen, auf den Freiflächen entstanden neue Parkmöglichkeiten für den rasant ansteigenden Individualverkehr. Es gab keine Blumenrabatte oder Baumpflanzungen, was die Straße nicht attraktiv machte. Heute ist die Straße mit seinem freigelegten Lauf des Waldbaches und dem unversperrten Blick auf die Stadtmauer eine Attraktion. Die Umgestaltung der Waldbachstraße kann als Gewinn für die Altstadt verbucht werden.

Alter Bauhof
Der alte Bauhof hinter dem Rathaus. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

Einen völligen Wandel erfuhr in den Siebzigern auch der Bereich hinter dem heutigen Gernsbacher Rathaus. Dort war der Bauhof untergebracht. Das Rathaus platzte aus allen Nähten, ein Erweiterungsbau wurde beschlossen. Dazu musste der alte Bauhof abgerissen werden, er zog in ein neues Gebäude in der Nordstadt um.

Feuerwehrhaus
Das alte Feuerwehrhaus hinter der Kelter, heute Bereich Kelterplatz/Salmenplatz.

Auch auf dem nahen Kelterplatz waren die Bagger zu Gange. Die alte Kelter an der Gottlieb-Klumpp-Straße, ein großes städtisches Wohnhaus und das Feuerwehrhaus verschwanden. Lediglich das Anwesen Hofer befand sich nicht in städtischer Hand und trotzte den geplanten Veränderungen. Am 5. Mai 1973 wurde das neue Feuerwehrhaus in der Schwarzwaldstraße eingeweiht. Die Tage des Feuerwehrhauses in der Kernstadt gehörten der Vergangenheit an.

Auf den Wiesen, die einst zu dem Mädchenheim Bethesda gehörten, wurde ein Schulhaus errichtet: 1972/73 nahm die Realschule dort ihren Betrieb auf und wurde 1974 zur selbstständigen Bildungsanstalt erhoben. Federführend für diese Einrichtung waren Heinz Wiggert, Rektor der Volksschule, und Bürgermeister Rolf Wehrle, die ab 1970 alle Hebel in Bewegung gesetzt hatten, um eine Realschule schaffen.

Strukturelle Änderungen in Handel und Handwerk

Der Einzelhandel wandelte sich grundlegend: traditionelle Einkaufsmöglichkeiten wurden durch Selbstbedienungsläden und moderne Warenpräsentation ersetzt.

Bestes Beispiel dafür geben die Gernsbacher Bekleidungsgeschäfte jener Zeit ab: Das Modehaus Olinger wie auch Motex bieten ihre Waren in einer völlig geänderten Präsentation an. An der Hofstätte entsteht eine neue Filale von Motex, die sich auf Herrenbekleidung spezialisierte.

Siegeszug Altstadtfest beginnt

Beim ersten Altstadtfest 1975: Brückenmühle-Besitzer Karl Braun neben Bürgermeister Rolf Wehrle. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

Das erste Altstadtfest 1975 zog Tausende von Besuchern in die Stadt, damit hatte keiner gerechnet. Die Straßen waren voller Menschen, die Stände der Vereine und Gruppen waren am Sonntag leergekauft. Vereine,

Gewerbetreibende und Gastronomen sowie Anwohner machten engagiert mit, die Altstadt zu einem Ort der Begegnung und zu einer Festmeile zu machen, bei der bürgerschaftliches Denken fröhlich zelebriert wird. Das Fest, das als einmalige Aktion geplant war, wurde nun jährlich abgehalten.

Bei den ersten Altstadtfesten führten die teilnehmenden Gruppen den Reingewinn der Festbewirtung zugunsten der Renovierung des Alten Rathauses ab. Die grundlegende Sanierung des Alten Rathauses fand in den Jahren 1976 bis 1979 statt – eine weitere kommunale Baustelle in den siebziger Jahren.

Übrigens war es beim 3. Altstadtfest 1977, als in den Kirchen an Hanns-Martin Schleyer gedacht wurde. Er war wenige Tage zuvor entführt worden, sein Schicksal war ungewiss. In der St. Jakobskirche mit Pfarrer Manfred Diegel und im Marienhaus mit Prälat Bruno Wittenauer fanden Gedenken für den entführten Arbeitgeber-Präsidenten statt, der Tage zuvor noch sein Kommen zum Altstadtfest angekündigt hatte.

Ausdruck des Zeitgeistes: Juze Gernsbach

Jugendzentrum
Das Juze in der Waldbachstraße. Foto: Gareus-Kugel

Mit dem Jugendzentrum e.V. wurde in den 1970er Jahren ein Verein geschaffen, der wohl aus dem Zeitgeist heraus entstand und von lokalen Akteuren getragen wurde. Anfänglich mit politischer Motivation ins Leben gerufen, entwickelte sich das selbstverwaltete Jugendzentrum schnell zu einem beliebten Treff der Jugend. Es bot einen Freiraum jenseits der kommerziellen beziehungsweise staatlich oder kirchlich regulierten Angebote. Weltanschauliche Auseinandersetzungen und kontroverse Diskussionen, gepaart mit alternativen Musikangeboten machten den besonderen Reiz des Treffs aus. Von Seiten der Stadtverwaltung wurde ein kleines Haus in der Waldbachstraße zur Verfügung gestellt. Die Ausgestaltung der Räume wurde von den Mitgliedern des Vereins organisiert, alte, ausrangierte Polstermöbel bildeten das Inventar, auch ein Klavier gehörte dazu. Prägnant war die Bemalung der Fassade des alten Gebäudes in Richtung Waldbachstraße.

Nach dem Abriss des Gebäudes fand der Umzug des Juze-Treffs 1977 in die ehemalige Papiermacherschule am Färbertorplatz statt. Auch hier hatte der Verein mit Bürgermeister Rolf Wehrle und Hauptamtsleiter Wolfgang Dieterle gewichtige Fürsprecher für ihr Anliegen, ein eigenverwaltetes Refugium zu haben. Der Verein Juze hatte als Aushängeschild die Open-Air-Konzerte im Kurpark, die eine starke Resonanz erfuhren. 1971 fand das erste Konzert statt, weitere folgten im jährlichen Rhythmus bis in die achtziger Jahre.

Drohender Uranabbau im Waldbachtal

Uran-Stein Waldbachtal
“Das Uran bleibt drin” wurde auf dem Stein im Waldbachtal graviert. Foto: Rolf Thilenius

Die Auswirkungen der weltweiten Ölpreiskrise 1973 bescherte der Bundesrepublik nicht nur autofreie Sonntage, sondern auch eine Suche nach alternativen Energiequellen. Die Kenntnis von Uranvorkommen im Waldbachtal ließ Pläne entstehen, diese wirtschaftlich abzubauen. Gegen dieses Vorhaben machten nicht nur Kritiker der Kernenergie mobil, sondern ließ auch eine Allianz von Naturschützern in Vereinen und Privatpersonen entstehen, die sich dem Abbau des Urans im Waldbachtal entgegensetzten. 1978 fand eine Bürgerversammlung in der Stadthalle statt, bei der über 600 Teilnehmer sich über die Pläne des Wirtschaftsministeriums informierten und ihren Bedenken für den Erhalt der Landschaft und gegenüber dem Sinn des Uranabbaus Luft machten.

Letztlich scheiterte das Unterfangen, weder die zu erwartende Menge noch die Qualität des Urans hatte die ersten Erwartungen erfüllt. Was blieb ist ein Stein im Waldbachtal mit der Aufschrift „Das Uran bleibt drin“, ein Relikt der damaligen Aktivisten, um auf die Probleme des Abbaus aufmerksam zu machen.

Abschied von scheinbar Unverrückbarem

Noch vieles mehr entstand in den siebziger Jahren: angefangen von der Neuordnung der Wasserversorgung bis hin zum Papierzentrum in der Scheffelstraße. Ein eigenes Kapitel wäre den sportlichen Leistungen in den Siebziger zu widmen, wie z.B. im Trampolinspringen. Von scheinbar unverrückbaren Gegebenheiten musste man Abschied nehmen: So machten sich schon Mitte der siebziger Jahre Verwaltung und Krankenhausleitung Sorgen um den Erhalt des Gernsbacher Krankenhauses. Die Dampflokomotiven verschwanden unspektakulär, was in der Rückbetrachtung gar nicht mehr genau datiert werden kann. Da bedarf es schon genaurer Sicht in die Archive, denn das eigene Erinnern täuscht so manches Mal.

Regina Meier

Dieser Beitrag erschien im “Gernsbacher Boten” 3/2019″ im Casimir Katz Verlag am 10. September 2019

Nach 50 Jahren zurück nach Berlin

Bereits im Editorial von Heft 1/2019 haben wir auf das Jubiläumsjahr 2019 für die Zeitschrift „Der Betriebswirt“ hingewiesen. Auch in dieser Ausgabe erlauben wir uns daher einen Rückblick auf die Zeitschrift aus dem Jahr 1950, in der Erich Kosiol eine umfangreiche Würdigung von Friedrich Leitner (1874 – 1945) veröffentlichte. Leitner, der auch als einer der Pioniere der Betriebswirtschaftslehre gilt, hat sich große Verdienste um die Anerkennung seiner Disziplin in der Hochschullandschaft erworben. Mit dem Beitrag „Auf den innersten Kern unternehmerischen Handels besinnen“ schauen wir auf die Leistung eines Vorreiters der Betriebswirtschaftslehre zurück.

2019 gibt es noch eine weitere runde Zahl für den Deutschen Betriebswirte-Verlag: 50 Jahre, nachdem der Verlag von Berlin nach Gernsbach wechselte, kehrt er nun wieder an seinen „Geburtsort“ zurück. Der Verlag Duncker & Humblot, Berlin, hat das Buchprogramm des DBV übernommen. 50 Jahre lang wurden die Geschicke des Verlags von der traditionsreichen Adresse Bleichstraße 20-22 in Gernsbach gelenkt. Nun werden die Weichen in dem nicht minder renommierten Domizil des Verlags Duncker & Humblot in Berlin gestellt.

Doch der Blick dieser Ausgabe ist nicht nur rückwärts gewandt. Gleich der erste Beitrag des Heftes behandelt ein brandaktuelles und zukunftgerichtetes Thema: unser Verhalten in den Social Media Kanälen. Prof. Dr. Ralf Kreutzer geht mit dem Thema sehr kritisch um. In „The Dark Side of Smartphone, Social Media & Co.” beleuchtet er Seiten des Social-Media-Verhaltens, die uns  zu denken geben.  Eine Darstellung einer arbeitswertstrategischen  Personalplanung „Der geplante Mensch im Unternehmen“ wagt Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup in seinem Beitrag. Die Zukunft nehmen auch Prof. Dr. Marion A. Weissenberger-Eibl und Tamara Huber in ihrem Aufsatz „Das Potenzial der Strategischen Vorausschau zur Reduktion kognitiver Verzerrungen“ in Blick. Ebenso verhält es sich mit den Ausführungen von Prof. Dr. Christoph Mingtao Shi und Johannes Leopold Köppl über „Chinas Umwelt: Herausforderungen, Lösungsansätze und Politiktrends“. Eine ökonomische Betrachtung des Bildungsmarktes unternehmen Prof. Dr. Marita Balks und Philipp S. Kummer in ihrem Beitrag „Marktchancen im Nachhilfe-Bildungsmarkt“.

Somit vereint auch diese Ausgabe nicht nur die verschiedenen Ebenen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sondern bietet auch eine breite Palette an behandelten Themen.

Viel Vergnügen beim Lesen dieser Ausgabe

wünscht

Regina Meier
Redaktion
Der Betriebswirt

Editorial „Der Betriebswirt“ Ausgabe 3/2019

 

Auf den innersten Kern unternehmerischen Handelns besinnen

Würdigung des Vorreiters der Betriebswirtschaftslehre Friedrich Leitner

In der Zeitschrift „Der Betriebswirt“ wird immer mal wieder ein Rückblick auf die ersten Ausgaben dieser Publikation geworfen. In diesem Zusammenhang wurde ein Beitrag von Erich Kosiol ans Tageslicht befördert, den er 1950 in der ersten Ausgabe nach dem Zweiten Weltkrieg in „Der praktische Betriebswirt“ publiziert hat. Das erklärte Ziel dieser Zeitschrift war es,  „die Anerkennung der Betriebswirtschaftslehre als wissenschaftliche Disziplin“ zu erreichen. „Die betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse haben sich in Wirtschaft und Verwaltung immer mehr durchgesetzt.“

Einen wesentlichen Beitrag zu diesem Anliegen leistete in dieser ersten Ausgabe Erich Kosiol, damals Direktor des Betriebswirtschaftlichen Instituts der Freien Universität Berlin. Darin würdigte er die Leistungen von Friedrich Leitner, den damals bereits verstorbenen Betriebswirtschaftler, der bahnbrechende Beiträge für die Betriebswirtschaft geschrieben hat und die ersten Schritte des neuen Wissenschaftszweigs mit seinen Lehren begleitete. Erich Kosiol beginnt in seinem Aufsatz mit einer Darstellung der Betriebswirtschaftslehre. Dieser Absatz schließt mit den Ausführungen:

“Die Betriebe, ob Haushalte oder Unternehmungen, sind die Wirkungszentren und Formungselemente der Wirtschaft. Der Betrieb wird zur kardinalen Kategorie, zum Zentralbegriff der wissenschaftlichen Disziplin. Durch dieses Verständnis der Wirtschaft wird der Betrieb selbst, der Aufbau und das Leben aller seiner Erscheinungsformen, zum Untersuchungsgegenstand des Faches. Die nicht selten vertretene Einengung der Betriebswirtschaftslehre auf eine Lehre vom Betrieb oder von der Unternehmung ist jedoch wissenschaftlich unhaltbar. Sie würde eine Horizontverengung bedeuten, die jedes ausreichend begründete Urteil über wirtschaftliche, ja sogar innerbetriebliche Tatbestände ausschließt, eine Verkümmerung und Verarmung betriebsökonomischen Denkens, die jede Forschung unmöglich macht, ein Zerreißen wirtschaftlicher Zusammenhänge, das nicht einmal für den praktischen Unternehmer, geschweige denn für den Wissenschaftler zulässig ist. Der Betrieb wird vielmehr zum Orientierungszentrum und  Beurteilungsmerkmal für die wissenschaftliche Betrachtungsweise. Ob z. B. Marktformen, Fragen der Preisbildung, die Verteilung des Sozialproduktes, Währungsprobleme, Fragen der Besteuerung oder auch wirtschaftspolitische Maßnahmen untersucht werden sollen, stets wählt die betriebswirtschaftliche Forschung ihren Ansatzpunkt in den Betrieben
als Aktions- oder Wirkungszentren. Der Betriebswirtschaftler sucht alle wirtschaftlichen Erscheinungen aus den Betrieben her zu erklären oder bis in die Betriebe hinein zu verfolgen. Ihn treibt die mikroökonomische Betrachtungsweise. Die Betriebswirtschaftslehre untersucht die Wirtschaft unter dem Aspekt ihrer Zusammengesetztheit aus Betrieben. Sie ist die Lehre von der Betriebswirtschaft als einer betriebsweisen Wirtschaft.”

Daran anschließend geht er auf die besonderen Leistungen von Friedrich Leitner ein, der als Professor der Wirtschaftshochschule sich um die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Freien Universität verdient gemacht hat.

“FRIEDRICH LEITNER stammt aus Wien, wo er die Oberrealschule, die Handelsakademie und die Universität besucht. Nach mehrjähriger kaufmännischer Praxis im Bank- und Speditionsgeschäft wird er Assistent an der Wiener Handelsakademie. Nach bestandener Staatsprüfung für das Handelslehramt geht er als Oberlehrer 1898 nach Mainz und 1903 nach Frankfurt a.M., um zugleich als nebenamtlicher Dozent an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften zu wirken.

Bei Gründung der Handelshochschule Berlin wird er neben Schär 1906 als hauptamtlicher Dozent berufen und 1908
zum ordentlichen Professor der Handelswissenschaft ernannt. 1924 machte ihn die Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Tübingen zu ihrem Ehrendoktor. Die Technische Hochschule Berlin ernannte ihn 1925 zum Honorarprofessor. Berufungen nach Leipzig, Mannheim und Stockholm hat Leitner abgelehnt. Er ist Berlin bis zu seiner Emeritierung 1938 treu geblieben.

Die vielseitige wissenschaftliche Produktivität Leitners kommt in seinen zahlreichen Schriften zum Ausdruck, die hohe Auflagen erreichten. 1901 erscheint seine erste Veröffentlichung über „Die private Versicherung im Dienste des Kaufmanns”. Noch vor seiner Berufung nach Berlin bringt er zwei Werke heraus, die sein wissenschaftliches
Ansehen begründen: Das Bankgeschäft und seine Technik, 1903; Die Selbstkostenberechnung industrieller Betriebe, 1905. Hier zeigt sich die tiefe Verankerung Leitners in der Tradition der österreichischen handelswissenschaftlichen Schule, die auch seinen methodologischen Standort und seine geistige Grundhaltung nachhaltig beeinflußt hat. Es zeugt zugleich von der wissenschaftlichen Selbständigkeit Leitners, daß er das bisher vernachlässigte Gebiet der Kalkulation aufgreift und sich der Erforschung der Industriebetriebe zuwendet.

Als Niederschlag seiner intensiven Berliner Tätigkeit – man lese nur die Fülle der Vorlesungen und Übungen im ersten Rektoratsbericht für die Jahre1906/09 nach – erscheint 1909 und 1911 in zwei Bänden der groß angelegte „Grundriß der Buchhaltung und Bilanzkunde”, der Jahrzehnte hindurch eines der wertvollsten Lehrbücher auf diesem Gebiete gewesen ist.
Einen weiteren Vorstoß in unerschlossenes Neuland unternimmt Leitner, als er 1917 „Die Kontrolle, Revisionstechnik und Statistik in kaufmännischen Unternehmungen” veröffentlicht und damit den Problemen der betriebswirtschaftlichen Überwachung gebührende Beachtung verleiht.

Erst relativ spät unternimmt Leitner den Versuch, eine systematische Grundlegung seines Fachgebietes zu geben. 1919 erscheint seine „Privatwirtschaftslehre der Unternehmung”, die 1926 von der 5. Auflage ab den Titel „Wirtschaftslehre der Unternehmung” erhält. Sie wird zwölf Jahre später (1931) als Frucht einer tiefschürfenden methodologischen Besinnung ergänzt durch eine programmatische Abhandlung unter der für Leitners wissenschaftstheoretischen Standpunkt überaus charakteristischen Bezeichnung „Renaissance der Privatwirtschaftslehre”. Man sieht daraus, wie zögernd und ernsthaft der Forscher an die letzte entscheidende Orientierung seiner Grundauffassungen herangegangen ist. Daß sich Leitner in den Jahren 1923/24 mehrfach zu den aktuellen Themen der Geldentwertung und Umstellung auf Goldmark äußert, entspricht der Lebensnähe und praktischen Bezogenheit seiner ganzen Arbeitsweise, die alle Veröffentlichungen Leitners kennzeichnet und ihre Tiefenwirkung in der Wirtschaft weithin hervorgerufen hat.

1927 kehrt Leitner in gewissem Sinne zum Start seiner Forschungstätigkeit zurück und verfaßt in der angesehenen Sammlung Göschen einen Band über „Finanzierung der Unternehmungen”. Noch als Emeritus gibt er 1944 eine Überschau über die „Wirtschaftslehre des Industriebetriebes”, von der er selbst sagt, daß er sie unter dem Einfluß der Weisheit des Laotse geschrieben habe: Klar sieht, wer von ferne sieht.

Leitner ist der ausgeprägte Vertreter einer methodologischen Forschungsrichtung in der Betriebswirtschaftslehre, die Schönpflug treffend als die empirischrealistische bezeichnet hat. Er geht von der mit unmittelbarer Evidenz gegebenen Wirklichkeit wirtschaftlichen Geschehens als realitas formaliter im Sinne Descartes’ aus und macht sie zum alleinigen Gegenstande seiner Erkenntnisziele. Daher ist Leitner ständig bemüht, seine Forschungsergebnisse, wie er selbst sagt, praktisch-empirisch und konkretisierend zu begründen, d.h. durch ausgedehntes Tatsachenmaterial und umfassende Detailuntersuchungen in der Wirtschaftspraxis zu untermauern. Einer gedachten Wirklichkeit als realitas objective steht er neutral gegenüber. Wenn ihre Existenz auch nicht bestritten wird, die logische Möglichkeit einer metempirischen Welt auch zugestanden wird, so liegt sie nach Leitner doch außerhalb der wissenschaftlichen Sphäre der Fachdisziplin.

Leitner bekennt sich in seiner ganzen Forschungsweise zur These einer wertfreien Wissenschaft. Jede Aufstellung und Begründung von Normen, jede Beurteilung von Werten und jeder Versuch, dem Seienden postulatorisch ein Sein-Sollendes gegenüberzustellen und nach wirtschaftspolitischen Idealen die reale Wirtschaft umzugestalten, wird von Leitner, in Übereinstimmung mit dem mehr theoretisch eingestellten Rieger, als Grenzüberschreitung objektiver Wissenschaft abgelehnt. Ihre Aufgabe ist es, die konkrete Erfahrungswelt in ihrem Seinszustand und Tatsachenzusammenhang rein explikativ zu erklären. Unter Verzicht auf jede teleologische Zielsetzung beschränkt sich Leitner auf eine naturalistisch orientierte, kausalgenetische Forschungsmethodik.

Aus dieser positivistischen Grundposition Leitners erklärt sich auch seine starke Abneigung gegen abstrakt-theoretische Problemstellungen. Er verwendet überwiegend induktive Forschungsmethoden und mißtraut auf deduktivem Wege gewonnener Systematik. Nach seinen eigenen Worten sind der Erkenntnis um ihrer selbst willen enge Grenzen gezogen. Man muß ihm zustimmen, wenn er wirklichkeitsfremde Theorien im reinen Äther mit Nachdruck ablehnt.
Seine pragmatische Zielsetzung ist auf die Zweckmäßigkeit wirtschaftlichen Handelns gerichtet. Für ihn ist die Einzelwirtschaftslehre eine angewandte Wissenschaft, bei der technologische Fragen der praktischen Gestaltung im Mittelpunkt stehen.L eitner geht zwar von der Konzeption einer universellen Einzelwirtschaftslehre aus, begrenzt aber für sich das Erkenntnisgebiet auf die Unternehmung in einem genau präzisierten, speziellen Sinne. Die Haushaltsbetriebe scheidet er als Konsum- oder Deckungswirtschaften aus. Die Erzeugungsbetriebe, die Leitner als Erwerbs- oder Ertragswirtschaften bezeichnet, werden nur so weit einbezogen, als sie privatwirtschaftlich orientiert sind und unternehmungsweise betrieben werden.

Damit stehen die gemeinwirtschaftlichen und die handwerksmäßig betriebenen Erwerbswirtschaften außerhalb seiner Forschungsaufgabe. So gelangt Leitner, zumindest als Nahziel der Fachdisziplin, zu einer Privatwirtschaftslehre der erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen. Rückt man derart das individuelle Ertragsstreben des  Wirtschaftssubjektes und das hierfür eingesetzte Sondervermögen in den Mittelpunkt der Betrachtungsweise, so wird die Privatwirtschaftslehre nach ihrer letzten Zielsetzung zu einer Rentabilitäts- oder Spekulationslehre der kapitalistischen Erwerbswirtschaften. Dabei ist es für Leitner gleichgültig, ob das Wirtschaftssubjekt eine privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Person ist und wem der Überschuß zufließt.
Handelt es sich um den nützlichen Einsatz der konkreten Erwerbsmittel zur Erreichung des gesteckten Ertragszieles, so erweist sich die Privatwirtschaftslehre in ihrem Kern als eine Verwaltungs- oder Organisationslehre zur ökonomisch-technischen Durchführung des Erwerbsstrebens.

Leitner wehrt sich daher dagegen, das privatwirtschaftliche Interesse mit Egoismus
der Motive oder Geldverdienen gleichzusetzen. Die Privatwirtschaftslehre ist für ihn keine Profitlehre, sondern eine Wissenschaft von der Rationalisierung der Volkswirtschaft durch Rationalisierung der Einzelwirtschaft. Leitner versteht unter Ertrag nicht den Reingewinn schlechthin, sondern einen engeren Betriebsgewinn, der als Summe der  weckbestimmten, organischen, ordentlichen Gewinne aus äußeren und inneren Markt- und  Betriebseinflüssen durch fortgesetzte Unternehmertätigkeit entsteht. Er beruht auf Leistungen, die unmittelbar aus der organisatorischen Verbindung und zweckbestimmten Verwendung von Vermögen und Arbeit entspringen. Nichtbetriebliche, anorganische
und Zufallsgewinne sind in ihm nicht enthalten. Die Wertung betriebswirtschaftlicher
Erscheinungen vom subjektiven Unternehmerstandpunkt mag für die Sozialökonomik
zu eng sein, für die Einzelwirtschaftslehre ist diese Grundauffassung nichtig, so erklärt Leitner 1930 in seiner berühmt gewordenen Rektoratsrede.

Er sieht keine Möglichkeiten, Wirtschaftlichkeit oder gemeinwirtschaftliche Produktivität
zu beurteilen und zu messen. Hieraus erklärt sich auch seine sachliche Polemik gegen Schmalenbach und Nicklisch. Leitner steht auf dem Standpunkt, daß der sich anbahnende Strukturwandel in der Wirtschaftsordnung, der allmähliche Übergang zu gebundener oder
gelenkter Wirtschaftsorganisation, den Schmalenbach auf den kapitalintensiver
Wirtschaftsweise immanenten Tatbestand abnehmender Kostenelastizität zurückgeführt hat, den innersten Kern unternehmerischen Wirtschaftens, die Notwendigkeit, rentabel zu wirtschaften, nicht grundlegend geändert habe. Er sieht daher gerade für die Gegenwart
die Aufgabe der Privatwirtschaftslehre darin, zu zeigen, wie trotz der vorbelasteten
Unfreiheit gegenüber der autonomen Marktpreisbildung rentabel, wie trotz der Gebundenheit vernunftgemäß und zweckorientiert gewirtschaftet werden kann.
Wenn man auch, sei es im System seiner Privatwirtschaftslehre, sei es in Einzelheiten
seiner Schlußfolgerungen, der wissenschaftlichen Auflassung Leitners nicht beizupflichten vermag, man muß der klaren Konsequenz seines Denkens, dem Wahrheitsdrang und dem Ernst seiner Forschungsarbeit sowie dem Ausmaß undder Tragweite seiner  wissenschaftlichen Leistungen höchste Achtung zollen. Gerade durch die eindeutige Fixierung des von ihm bezogenen Standortes hat Leitner eine wissenschaftliche Selbstbesinnung vollzogen, die methodologisch bereinigend gewirkt und die Bahn für
eine Auflösung der Gegensätze frei gemacht hat.

Er selbst hat später eine Synthese der Betriebs- und Privatwirtschaftslehre zu einer einheitlichen allgemeinen Wirtschaftslehre der Erwerbswirtschaften vorgeschlagen, der er durch Betonung des Allgemeingültigen, Generellen mehr theoretischen Gehalt geben möchte. Hieraus ergibt sich dann die Notwendigkeit, das allgemeine Rationalprinzip
der Wirtschaftlichkeit zur Dominante der Betrachtungsweise zu erheben und den
Rang der nur betriebsbezogenen, einzelwirtschaftlichen Rentabilität hiermit in
Einklang zu bringen. Leitner übersieht keineswegs die engen Grenzen, die der Selbständigkeit einer Privatwirtschaftslehre gezogen sind. Nach seiner Meinung ist der Betrieb als Objekt wirtschaftswissenschaftlicher Forschung verhältnismäßig beschränkt.
Der Brunnen der Erkenntnis seines Wesens sei nicht tief und bald ausgeschöpft.  Er warnt vor einer Überschätzung der rein innerbetrieblichen Fragen, vor einer isolierenden Betrachtung der Betriebszusammenhänge, die er als geistige Autarkie bezeichnet.
Auch die Betriebswirtschaftslehre muß nach ihm auf dem sinnvollen Verstehen der Ganzheit der Gesamtwirtschaft beruhen.

Leitner forderte von der Betriebswirtschaftslehre, dass sie sich weniger in den Dienst des Betriebes, der Unternehmung und der  Verbände, sondern mehr als bisher in den Dienst der Allgemeinheit stelle. Aus diesem Dilemma zwischen einzelwirtschaftlicher Kausalität und determinierender außerbetrieblicher Überkausalität sieht Leitner nur einen Ausweg:
Die Einschmelzung der Privatwirtschaftslehre in eine Gesamtlehre von der Wirtschaft, in der sie als Unterganzheit mit eigenen Prinzipien der Stoffauswahl bestehen bleiben soll.
Damit nähert sich der Forscher der neuen Auffassung, wonach die  Betriebswirtschaftslehre den Betrieb als organisatorische Wirtschaftseinheit zum mikroökonomischen Orientierungszentrum ihrer Forschungsmethode für alle wirtschaftlichen Phänomene wählt. Er führt eine Reihe von Erscheinungen an, die
nur scheinbar eine ausschließliche Domäne der Sozialökonomik bilden, auf die aber mit großem wissenschaftlichen und praktischen Nutzen betriebswirtschaftliche Methoden angewendet werden könnten. Es ist überaus beachtenswert, wenn der empirisch-realistisch orientierte Forscher betont, daß der rationalistische Positivismus einer  nüchternen, sachlichen, d. h. unpolitischen Tatsachenforschung ohne Hypothesen auf die Dauer nicht befriedigen kann. Eine betriebstechnische Privatwirtschaftslehre, ein  Aufgehen der Betriebswirtschaftslehre in noch so verfeinerte Techniken und  Rechenverfahren lehnt er ab und kennzeichnet die drohende Gefahr der Verflachung, des
Rückfalls in ein diffuses Stoffwissen als Atomisierung der Fachdisziplin. 

Wenn auch Leitner zu den markantesten Vertretern einer wertfreien  Einzelwirtschaftslehre gehört, so bleibt er doch nicht ohne teleologischen Einschlag.  Er führt aus: Die Organisationslehre der Ertragswirtschaften hat das Sein-Sollende
theoretisch zu erörtern, das Bestehende zu kritisieren und Richtlinien des Handelns
aufzustellen. Die Einzelwirtschaftslehre führt naturgemäß zu Werturteilen über
das Sein-Sollen und mündet so in eine einzelwirtschaftliche Wirtschaftspolitik.
Obwohl in der Wirtschaftslehre kein Raum für ethische und soziale Werturteile ist, weil es an einer Norm und einem Vergleichsmaßstab fehlt, so gibt es nach Leitner doch eine individuelle Wertung wirtschaftlicher Handlungen vom Standpunkt des Wirtschaftlers aus, eine Beurteilung des Nützlichen und des Schädlichen, des Günstigen und des Ungünstigen für die eigene Wirtschaft, deren Maßstab im Aufwand zu sehen ist. Der Sinn, ein den Tatsachen übergeordnetes Sein-Sollen, des Wirtschaftslebens liegt für Leitner im Diesseits, ist eine subjektive Kategorie. Wenn auch das Prinzip der Wertbeziehung
im letzten nicht normativ ist, der Apriorismus sich zwar auf Werte bezieht, ohne selbst werten zu wollen, wenn auch die Auswahl des Wesentlichen auf immanenten
Maßstäben beruht, so verwischen sich doch die Grenzen der empirischen Explikation gegenüber einer wirtschaftspolitischen Tendenz und pragmatischen Teleologie auf realistischer Grundlage. Leitner steht den empirisch begründeten und  unvoreingenommenen Werturteilen, wie sie Schmalenbach und Walb als zulässig und notwendig erachtet haben, näher als dies Schönpflug in seiner methodologischen
Untersuchung herausgearbeitet hat. Leitner unterzieht zwar den Gesichtspunkt
der Gemeinwirtschaftlichkeit einer schonungslosen Kritik, indem er ihn als
Glaubensbekenntnis brandmarkt. Aber er will auch die Marktleistungen, die Wertung ihrer gruppen- und sozialwirtschaftlichen Zweckmäßigkeit, ihre gesellschaftliche Teleologie, ihre gliedhafte Zweckmäßigkeit, bezogen auf das Ganze, mit einzelwirtschaftlichen Methoden untersuchen. Er fordert von der Betriebswirtschaftslehre, daß sie sich weniger in den Dienst des Betriebes, der Unternehmung und der Verbände, sondern mehr als bisher in den Dienst der Allgemeinheit stelle.”

Mit Auszügen aus „Der Praktische Betriebswiirt” 1/1950

Finanzierung von Digitalisierung und Innovationen

14. Wirtschaftsforum fand in Baden-Baden statt

von Regina Meier

Digitalisierung, Innovationen, Wege zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität und die Frage, wie Projekte und Maßnahmen gezielt finanziell gefördert werden können, waren einige der Themen des L-Bank-Wirtschaftsforums in Baden-Baden. Mehr als 500 Besucher aus der gesamten Region nutzten im Mai dieses Jahres im Baden-Badener Kongresshaus die Möglichkeit, sich aus erster Hand zu informieren.
Die L-Bank Wirtschaftsforen werden seit 2006 jährlich in wechselnden Regionen des Landes ausgerichtet. In Baden-Baden fand das 14.
Wirtschaftsforum in diesem Jahr zum ersten Mal statt. Die gemeinsam mit der Bürgschaftsbank und den regionalen Wirtschaftskammern
organisierten Veranstaltungen dienen als Plattformen des Dialogs zwischen mittelständischen Unternehmen, Banken und Beratern. Ziel ist die neutrale und praxisorientierte Beratung zu Finanzierungsfragen des Mittelstands.

In seiner Begrüßung hob der Vorsitzende des Vorstands der L-Bank, Dr. Axel Nawrath, hervor, dass sich aktuell zwar die konjunkturelle Stimmung eintrüben würde, sich die Unternehmen im Land aber sowohl in Krisenzeiten als auch in Zeiten des Aufschwungs auf ihre Förderbank verlassen können. Nawrath  betonte, dass die mittelständischen Unternehmen derzeit unter erheblichem Innovationsdruck stehen. „Die technologischen Entwicklungen zwingen viele Unternehmen dazu, ihr Geschäftsmodell grundsätzlich zu hinterfragen“, so  Nawrath.

Einen spannenden Blick in die Geschichte, vor allem aber auch in die Zukunft Europas, richtete Gastredner Dr. Gregor Gysi.

„Ein Zurück zum Nationalstaat und weg von der EU sei weder
politisch noch wirtschaftlich zu vertreten.”
Dr. Gregor Gysi

Der Bundestagsabgeordnete und Rechtsanwalt schilderte in seiner Keynote „Deutschland und Europa 30 Jahre nach dem Mauerfall – folgt der Vereinigung die Spaltung?“ eindrucksvoll mögliche politische, wirtschaftliche und  gesellschaftliche Folgen eines drohenden Auseinanderdriftens Europas und der europäischen Staaten. Dabei betonte Gysi, die EU stehe derzeit an einem
Scheidepunkt zwischen der Chance auf einen Neustart oder einer Forcierung innerer und äußerer Zerfallsprozesse. Mit deutlichen Worten warnte er kurz vor den Europawahlen vor einer Abkehr von der EU: Ein Zurück zum  Nationalstaat und weg von der EU sei weder politisch noch wirtschaftlich zu vertreten. Er warnte vor einem weiteren Auseinanderklaffen der reichsten und ärmsten Haushalte in der Bundesrepublik, dadurch sei der soziale Frieden  gefährdet. Für die Unternehmen in Deutschland sehe er insbesondere die Herausforderung durch den Fachkräftemangel. Diesem sei nur mit  Investitionen in Bildung zu begegnen. In der anschließenden Talkrunde griffen Wolfgang Grenke, Präsident der IHK Karlsruhe, und Joachim Wohlfeil, Präsident der Handwerkskammer Karlsruhe, die europa- und wirtschaftspolitischen Impulse von Gregor Gysi auf.

In dem von der TV-Journalistin Hendrike Brenninkmeyer moderierten Gespräch diskutierten die Kammerpräsidenten die Herausforderungen
für die heimischen Unternehmen. Im Mittelpunkt des Wirtschaftsforums standen die Workshops für Unternehmer. Anhand aktueller Best-Practice-Beispiele stellten Förderexperten der beteiligten Banken sowie Firmeninhaber aus der Region vor, welche Chancen Internationalisierung bieten, wie
maßgeschneiderte Lösungen zur Optimierung der Ressourceneffizienz aussehen, Betriebe digitaler und innovativer werden und wie mittelständische
(Familien-)Unternehmen von den unterschiedlichen Finanzierungs- und Förderangeboten profitieren können. So demonstrierte beispielsweise das Medienunternehmen Nussbaum seinen Weg zur Digitalisierung des Nischenprodukts Kommunalanzeiger. Umrahmt wurde das Wirtschaftsforum von einer Fachmesse mit rund 30 meist regionalen Ausstellern zu den Themen Finanzierung und Förderung, Digitalisierung, Ressourceneffizienz
und Schutz vor Wirtschaftsspionage.

Hier gehts zur Druckfassung des Berichts über das Wirtschaftsforum vom Mai 2019 in Baden-Baden

Der Sabbatweg von Gernsbach

Einladung zu einem Rundgang
Herausgegeben von der Stadt Gernsbach
Autoren: Arbeitskreis Stadtgeschichte:  Regina Meier, Dr. Irene Schneid-Horn, Winfried Wolf
28 Seiten. 29 Abbildungen
Broschüre mit aufklappbarem Umschlag, mit einer Karte zum Sabbatweg und seinen Stationen
ISBN 978-3-928213-24-0
Ladenpreis 5,– Euro
Barbara Staudacher Verlag, Horb a. N.

Erhältlich bei der Stadtverwaltung Gernsbach, Kultur und Tourismus, Igelbachstraße 11, 76593 Gernsbach

oder eine Mail an service @ verlag-am-mauergarten.de senden

Mehr dazu

„Der Sabbatweg von Gernsbach“ weiterlesen

100. Geburtstag von Helmut Schmidt

Historisch und doch aktuell

Am 23. Dezember 2018 hätte Helmut Schmidt seinen 100. Geburtstag feiern können. Der 2015 im Alter von 94 Jahren verstorbene Politiker und frühere Bundeskanzler meldete sich bis ins hohe Alter nicht nur zu politischen Themen zu Wort, sondern auch zu wirtschaftlichen.

Solche Jahrestage führen dazu zurückzublicken. Da erhält ein Artikel in “Der Betriebswirt” im Jahr 2009 Bedeutung, als wir über einen spannenden Vortrag von Helmut Schmidt über Chinas Rolle in der Welt berichteten. Dabei ging der Altbundeskanzler nicht nur auf die politische, sondern auch auf die wirtschaftliche Bedeutung ein. Schmidt mahnte damals an die Riege der Manager, die Wirtschaftskraft Chinas nicht nur als Bedrohung zu sehen, sondern als Chance. In dem damaligen Beitrag heißt es: „Am Ende seines Vortrags setzte Altbundeskanzler Schmidt eine Empfehlung an die vertretenen Manager… Und mit einem mahnenden Zeigefinger in Richtung politische Entscheidungsträger, dass die handelspolitische Abschottung ein falscher Weg wäre. Der rasante Aufschwung sollte nicht in einer Konfrontation enden, sondern in eine Kooperation münden.
Wie weise! Was hätte wohl Helmut Schmidt zu der aktuellen Situation mit den US-amerikanischen Strafzöllen gesagt?

Helmut-Schmidt-China-Vortrag-2009 

Regina Meier

Die Sicht eines Spieltheoretikers: Modelle zur Unsicherheit und Weltwirtschaft

Interview mit Roger B. Myerson, Wirtschaftsnobelpreisträger

Im Sommer 2017 fand in Lindau am Bodensee das 6. Treffen der Nobelpreisträger für  Wirtschaftswissenschaften statt. Dort versammelten sich 17 Laureaten aus aller Welt, die in den vergangenen Jahren diesen „Preis der Schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften im Gedenken an Alfred Nobel” erhalten hatten.

Prof. Roger B.  Myerson, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität von Chicago, nahm sich am Rande der Tagung Zeit für ein Pressegesgespräch, das er mit Zhonghao Shen, Korrespondent der Xinhua News Agency, und Regina Meier, „Der Betriebswirt“, führte.

Meier: I remember very well the last meeting at Lindau in 2014 when we spoke about macro-economics and politics, especially about Ukraine. Which threads do you see today for the world economy?

Myerson: Ukraine is still an important frontier for liberal democracy. As an American who cares about Ukraine, I believe Ukraine should always be economically, culturally and perhaps in international relations close in line with the Russian people. I have the greatest hope for positive political development of that whole area including Russia. America should never try to bring Ukraine to the NATO unless Russia is also a part of the NATO. But there are also other challenges in the world:  I‘m concerned about the European Union and also about political issues in the United States.

Shen: You have written a letter with other economists to the government of Trump. What is your opinion about what he is doing in the government?

Myerson: If I could get my country make to pay attention to me for 45 seconds, I would say please let’s never again elect someone to the presidency who has not held public power and served  responsibility in some public office before we elect him to the highest office.
Donald Trump has no history of exercising public power or responsibility, this is a serious problem. He should have served as a governor of a state for four years – like Ronald Reagan, who ran for governor first and then ran for president.

In the long run the stability of the constitution of a great presidential democracy depends on the individuals who rise for the highest office. They should first show some personal commitment to upholding the constitutional rules.  In a presidential democracy it is particularly important that the President must show a deep understanding of and a personal commitment  to the constitutional constraints on his office. That’s not something that Donald Trump has shown in his career as a businessman.

The other thing is the international view. The United States must stay reliable and predictable in the future. The global investors have a large part of their portfolios held in dollars, because the United States has long been recognized as the most stable and reliable government of the world and a predictable force in the world. Now we have a President who says that the United States should be less predictable in its international relations, and the result could be to decrease investors’ demand for US dollar debt, especially if the Republicans pass a tax cut that increases the federal deficit. 

“The United States must stay reliable and predictable in the future.”

If such policies by the Trump administration give us a weak dollar, there may be some increase in American manufacturing jobs, as the President promised, but there would also be an inflationary increase in the cost of living for Americans. The high value of the dollar for the last generations was because of the reliability of the United States. Now we withdraw from the Paris accord for example, we are not a reliable partner any more. And the Americans should care about the value of the reputation.

Shen: There have been structure reforms made in China. Do you have an optimistic prospective for China?

Myerson: I actually don’t know what structural reforms are happening in China, I think this is a time when the leaders of the party in China are trying to consolidate the monopoly on power, and as an American who understands the benefits of multi-party democracy that concerns me.

The Chinese system is different. The Chinese communist party has done a good job of creating competitive firms but those firms are not independent, the party has influence in their policies, and government officials tend to be more involved in firms in China than in similar firms in Europe or America. I believe that Chinese confidence in their financial system is not based as much on financial accounting but depends more on political oversight of financial institutions. But this means that, if a loss of confidence comes, it’ will have political consequences. That is, if the Chinese financial institutions disappoint their investors that is going to be a political disappointment.

Shen: Do you think the rapid Chinese growth is the solution to China’s problems?

Myerson: The rapid growth over the past during the last 25 years in China is by any standards a great accomplishment of the Chinese government and was one of the best, probably the best thing for humanity in our lifetime, helping more people to gain more by any measure. But of course 10 % growth cannot continue forever.  I think a slowing of growth is to be expected.

New investment is very elastic to the business environment and to the reputation to the municipality for providing a save place to invest.  So a slowing of new investment imay reduce incentives for local governments to restrain corruption.

Meier: There are lot of efforts to strengthen sustainability not only in ecology but also in economics. What does sustainability mean to you? Does it play an important role in your research?

Myerson: Sustainability is everything in the long run. In some ways sustainability is proper government budgeting, is about making sure keeping the depths under control, sustainability of the current public services, the current tax system. But sustainability is also used to talk about environmental sustainability: there is a lot to be done about that. Lars Hansen just gave a good talk here in  Lindau about the uncertainties in climate science and the impact of carbon. 1)

“The sustainability of our global environment clearly requires global cooperation.”

From what he said, I think we need models which put a positively probability on the idea in which carbon has no effect on global economies, because that is what the deniers say, and they need to see that carbon taxes to reduce emissions may be a prudent conservative policy, even if there is some chance that we might find it unnecessary. I strongly recommend William Nordhaus’s book, which is called „The Climate Casino“ 2) – the title itself is telling you that his analysis begins with the uncertainty about weather.  

But given the serious possibility that carbon emissions may be devastating the global environment, it is a risk that demands a serious response. I deeply regret the withdrawal of the United States from the Paris climate accords, because the sustainability of our global environment clearly requires global cooperation.  Developing such global cooperation is a game-theoretically difficult problem, and consistent leadership from the United States would have been very helpful.

– Ende des Interviews – 

 

 

Hier gehts zur Druckfassung des Interview mit Roger B. Myerson

 

Vor der Wahl hatten sich die Nobelpreisträger zur Kandidatur von Donald Trump zu Wort gemeldet: home.uchicago.edu/rmyerson/nobelecon2016.pdf

1) Lars Peter Hansen: Wrestling With Uncertainty in Climate Economic Models, Lecture beim 6. Treffen der Wirtschaftsnobelpreisträger in Lindau 2017

2) William Nordhaus “The Climate Casino: Risk, Uncertainty, and Economics for a Warming World”, Yale University Press 2013

 

Handelsbeschränkungen sind Bedrohungen für die wirtschaftliche Entwicklung

Interview mit Fyn Kidland, Wirtschaftsnobelpreisträger

Im Sommer 2017 fand in Lindau am Bodensee das 6. Treffen der Nobelpreisträger für  Wirtschaftswissenschaften statt. Dort versammelten sich 17 Laureaten aus aller Welt, die in den vergangenen Jahren diesen „Preis der Schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften im Gedenken an Alfred Nobel” erhalten hatten.

Prof. Finn E. Kydland, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Tepper School of Business der Carnegie Mellon University, Pittsburgh, und an der University of California, Santa Barbara, .nahm sich am Rande der Tagung Zeit für ein Pressegespräch.

Zitate:

“The meeting of students in North Corea was all for contributing to open their eyes to what goes on research – in the rest of the world.”

 

“A social responsibility of business in our times needs to create value for the company as well as for the society.”

 

 

„Handelsbeschränkungen sind Bedrohungen für die wirtschaftliche Entwicklung“

 

Meier: You have been at the social meetings with the students here in Lindau and have met lots of young scientists. What are your recommondations for their future?

Kydland: I have no speciftic recommendations. Obviously their main reason they are here are the researches. It’s very important to find an important question to address. To make your findings clear to the reader is a challenge early on. Sometimes if you work on a particular problem for maybe a year then everything becomes so obviously that you sometimes you don’t explain what you been doing well enough for a reader to understand.

 

Anyway in Pittsburgh where I still go to from time to time  I force the students to present their work earlier that they think they are prepared and I think the feedback is more useful.

 

Meier: In the seminars here in Lindau the young scientists talk about their researches on which they work one or two years in six minutes in front of the Nobel Laureates. That’s really stress for them – I think. But how do you feel when you here about ten different themes in 90 minutes.

 

Kydland: I found it very interesting. Yesterday for example we had an incredible variety of topics. I didn’t feel stressed at all. I’m somehow used to this, we have a conference for PhD-Students in Spain.2) They are able to present their researches in front of five or six season professors. There they have more time, they give them an hour each, but it’s the same kind as here.

First time I have been there and participate in this meetings and also give public lectures as a fundraising event. This is just an important event for the students, some of them are from Spain, but the rest from whole Europe – and their preparations are getting better and better.

 

Meier: One question to the Nobel Prize. How did the nobel prize change your life? Or first. did it change your life?

 

Kydland: Not very much. I still do my research. I have little less time than I used to have. I was asked more to give key note speeches and that takes some time.

I suppose the main change is that I’m travelling more internationally than I used to. So I have been to China and also Corea.

 

Meier: So you have been to Corea recently?

 

Kydland: Last year I went with my wife to North Corea. It was very interesting, it was a scientific event. It was organized by the International peace foundation. Uwe Morawetz called me and asked me if I would like to join them. We are supposed to be six scientists, all laureates from different fields, I was the only one in economics. In the end we were three of us, next to me was Aaron Ciechanover from Israel, and Richard Roberts from Britain. The others didn’t join us, they thought it’s too dangerous.

 

Meier: Perhaps not real danger but more the fear to get used for topics which you don’t like to get used for?

 

Kydland: We went there strictly. We were supposed to meet students. The delegation held workshops, seminars and dialogues with students and scholars from various educational institutions at Kim Chaek University of Technology and the Pyongyang University of Science and Technology. The events were aimed to inspire North Corea’s young generation and strengthen international understanding by building long-term bridges between the visiting scholars and local universities.

I’m all for contributing to open their eyes to what goes on research – in the rest of the world. But the person would probably be quite lost unless he or she had a solid foundation in the mathematical tools, as they apply to economics.

We spent there a whole week. The science and technology center is very impressive.

Before we went there we had a stop in Bangkok where the peace foundation has their Asian office where Uwe Morawetz met with South Korea’s ambassador.

 

Meier: There are serious economic threats in the world, and they are accelerating. In 2008 there was the Lehmann Brothers crisis. In 2011 the financial crisis in Greece almost led to a collapse of the economy. Which issues do you regard today as potentially threatening for the economy?

 

 

Kydland: The main threads are restricting trade. The most economics will agree that. Free trade is a good thing for the society.

We have seen in the United States there have been many more tendency from the politicans towards to restrict trade. I think that is very short sighted.

 

 

Meier:  There are lot of efforts to strengthen sustainability not only in ecology but also in economics. What does sustainability mean to you? Does it play an important role in your research?

 

Kydland: It’s an important issue. I have been involved in the topic since years. In May 2012 have been in the panel of the third global Copenhagen Consensus3), their speciality is to analyze the costs and benefits of different approaches to tackling the world‘s biggest problems. There we should rank solutions to climate change and other world problems.

Also at my university for twelve years now I have been the director of a center called Laboratory for Aggregate Economics and Finance (LAEF). In May we organized a workshop “Macro and Micro Economics of Climate Change”. 4)

Sometimes I like to put on conferences on issues that are simply regarded as important but a little unusual in economics so for example we are preparing a conference on the economic indiscations of Alzheimers.

I happened to know because my wife who is a neuroscientist specializing in Alzheimer’s at UC Santa and I knew some neuro scientists who are interested in this conference. I like to be active in these interdisciplinary fields.

I hope an important result of this conference is it will make it clearer to other economists that this is an important question and we will do more research directed towards Alzheimer: there are lots of aspects: The person who is hit by this desease, also the households including the value of time for those who take care. It can also effect peoples savings behaviour, time allocation behaviour, and so on. Perhaps the workshop could bring us closer to answering some of the world’s most pressing questions, including developing new ways of treating Alzheimer’s.

 

Meier: Let me come back once more to the theme of sustainability. One of the laureates of the Nobel Prize of Economic Science, Milton Friedman, said in 1961, the social responsibility of business is to increase profits. Does this statement apply still today or, was it simply an expression of an earlier time under simpler conditions?

 

Kydland: In respect of the past I’m voting with my feet. I can tell you that I engage in the

Oslo Business for Peace Award, this highlights ethical and responsible business practices, which is creating long-term success of benefit to their businesses, society and themselves. The honorees should make a positive contribution to society and a personal commitment to work on sustainable business

For four years now I’m in the award committee who cares for the selection of the honourees.

This committee will change in the next time: Michael Spence was serving there about ten years, now he is retiring and will be replaced by Eric Maskin.

There are nominated ten to twelve candidates about we have intense discussion and in the end we vote the years Business for Peace Honorees. The award is one of the world’s prime meeting places for leaders who have as their purpose to improve society in an ethical and responsible way, they are creating value both for business and society. 5)

So a social responsibility of business in our times is still to increase profits, it need to create value for the company as well as for the society.

 

 

  • Finn E. Kydland unterrichtete bis 2004 an der Carnegie Mellon University, Pittsburgh.
  • Finn E. Kydland ist seit 2010 gewähltes Mitglied der Real Academia de Ciencias Económicas y Financieras, Barcelona, Spanien, racef.es
  • Finn Kydland gehörte mit seiner Ehefrau Sonya Kydland zu der Delegation der International Peace Foundation, die Nord Korea im Mai 2016 besuchte, gemeinsam mit Alfred von Liechtenstein, Nobelpreisträger Prof. Aaron Ciechanover und Dr. Sir Richard Roberts sowie  Uwe Morawetz, der Vorsitzende der International Peace Foundation,  com/watch?v=ZKKQzKrN7Ag
  • copenhagenconsensus.com/

http://businessforpeace.no/, siehe auch: http://laef.ucsb.edu