Der “Heimatpfad” führte uns in traumhafter Winderstimmung einmal um Kniebis Dorf herum. Weitab vom Schwarzwaldhochstraße-Trubel erlebten wir in Bilderbuch-Schneelandschaft einen schönen Ausklang des Jahres 2020.
Endlich – am zweiten Weihnachtsfeiertag war’s soweit: wir konnten den frischen Schnee auf der Höhe genießen. Bei uns in Gernsbach gabs nur am Morgen ein paar weiße Flocken, aber auf der Höhe war alles in weiß getaucht.
Was bleibt an einem trüben Sonntag? Auf jeden Fall hinaus – und endlich die bereits schon lange in der Planung befindliche Wanderung um den Engelsfelsen anpacken. Dabei ergaben sich ganz spannende Erlebnisse: bis hin zum Entdecken der Weggabelung: Meierhalt! Das lässt sich doch ausbauen…. Meier – Halt!
Ja, auch für das Jahre 2021 gibt es wieder einen Kalender aus dem Zusammenspiel von Werners Fotos und Martinas Gestaltung.
Jetzt ist das Geheimnis um den neuen Kalender gelüftet!
Wir haben 2020 ja keine großen Reisen unternommen. Aus diesen Reisen hat sich in den vergangenen zehn Jahren immer ein Kalender fürs kommende Jahr entwickelt. Doch 2020???? Doch dann wurde die Idee der „Colors of life“ entwickelt. Und so hat Martina aus der Vielzahl der Motive eine Auswahl von Aufnahmen getroffen, in der die Farbe eine wesentliche Rolle spielt und diese durch die abgeschwächten Hintergründe verstärkt. So ist es gelungen, auch in diesem Jahr wieder einen Kalender auf den Weg zu bringen.
Viel Freude beim Entdecken der Motive, der originalen Orte und was die Gestaltung daraus gemacht hat.
Das am weitesten zurückliegende Motiv stammt aus dem Jahr 1981 – von unserer Südseereise – und das “jüngste” aus Island, das wir 2018 bereist haben.
Den Zahlenfreunden unter euch fällts sicher sofort auf: von ’81 bis ’18…..
Lasst das Jahr bunt werden, wenns auch nicht berauschend beginnt. So bietet es uns doch viel neue Wege.
Viel Freude beim Entdecken von Ländern, Menschen, Städten und Natur.
Ende November und ein sonniger Tag! Hinaus – und mal neue Wege erkunden. Erwartungsgemäß verändern wir die geplante Route – schon recht bald nach Erreichen der 700-m-Höhenlinie. Sei’s drum. Der Einstieg bei der Bushalte Gertelsteiner Wasserfälle läuft noch nach Plan, und auch das Erreichen des Brockenfelsens ist eine einfache Übung. Doch der Abstecher zur Hertha-Hütte ist eine Bereicherung der Tour (nicht nur wegen der Höhenmeter). Die Aussicht von dort oben ist grandios. Vor uns liegt nicht nur Bühlertal und das Rebland – bis in die Vogesen reicht die Fernsicht.
Unterwegs trifft man tatsächlich auf Bekannte. Auch das war nicht zu erwarten. Doch die Corona-Einschränkungen bringen es mit sich, dass Familien oder Kleingruppen attraktive Ziele in der Umgebung suchen. Da bleibt es nicht aus, andere Wanderlustige auf einer solch abwechslungsreichen Tour zu treffen.
Abwechslung gibt es von Anfang bis Schluss: sei es die bizarren Felsformationen, die plätschernden Quellen und Bächlein oder die verwunschenen moosbewachsenen Tannen und Steine. Verständlich, dass am Wiedenfelsen, als wir die Straße kreuzen, viel Betrieb ist. Doch schon der Abstecher auf den eigentlichen Aussichtspunkt bringt uns wieder abseits des Trubels. Eine großartige Sicht belohnt uns für das Besteigen der in Stein gehauenen Stufen. Ab jetzt geht’s abwärts, und da lohnt sich der Blick zurück: eine klare Sicht mit den letzte Sonnenstrahlen rüber zum Falkenfelsen und hoch zur Bühlerhöhe und der Kapelle Maria Frieden – mit der Erinnerung an die Madonna von Onkel Gallus – belohnt uns für eine unplanmäßige Veränderung der Tour.
Der Abstieg über die Gertelbacher Wasserfälle bringt uns eine weitere ungeahnte Bereicherung, wenn wir auch damit den Abstecher zum Sickenbacher Horn links liegen lassen. Aber an den kurzen Novembertagen wirds einfach so früh dunkel, dass man die gemütlichen Stopps auf den Höhen mit der tollen Fernsicht nicht mehr einholen kann.
An einem ungewöhnlich warmen und sonnigen Novembertag entdecken wir verschiedenen Felsengruppen um Gernsbach. Angefangen vom Orgelfelsen hoch über Reichental, über den Dachstein und dem Rockert mit dem markant gelegenen Elsbethhüttle kommen wir schließlich zum Lautenfelsen, bis wir wieder hinunter nach Gernsbach gelangen. Eine rundum abwechslungsreiche, aussichtsreiche und durch das Erklimmen der verschiedenen Felsen auch spannende Wandertour. Diese Spätherbst-Tour bietet wieder ganz besondere Erlebnisse, vergleicht man sie mit der Tour vom Mai diesen Jahres. Einmal mehr bestätigt sich die Faszination der Landschaft in den verschiedenen Jahreszeiten.
Ein grauer Novembertag – und trotzdem wollten wir ein paar Schritte laufen. Zum Ziel haben wir uns einen Schwarzwald-Karsee gewählt: den Huzenbacher See. Der Tonbachsteig, der zu den Schwarzwälder Genießerpfaden gehört, bietet dazu eine interessante Route an, von hoch oben gibt es den Huzenbacher Seenblick.
Der Einstieg der Wandertour am Parkplatz Plauderstüble war bequem zu finden. Mit 14,4 Km (bei uns waren es bissle mehr) und einer Dauer von ca 4,5 Stunden hört sich die Wanderung genau richtig an für einen sonnigen Nachmittag. Nur leider hatten sich die Wolken zugezogen bis wir die Wanderung in Tonbach begannen.
Wir haben die Aussichtsplätze am Genussplatz Oberer Zinken genossen – die verschleierte Sicht durch den Novembernebel machte den Ausblick umso interessanter -, viel Wissenswertes wird unterwegs vermittelt von dem Salbeofen über die alten Holzmacherpfade bis hin zum Harzen.
Nach vielen bilderbuchreifen Fliegenpilzen wurde die Devise ausgegeben: kein Foto mehr mit Fliegenpilzen. Allerdings minderte das nicht die Aufmerksamkeit auf den Waldboden, sobald ein solch rotes Exemplar zu sehen war. Denn oftmals befinden sich schmackhafte, essbare Pilze in nächster Umgebung.
Der Höhepunkt der Wanderung ist sicherlich der Ausblick auf den Huzenbacher See. Weit weg von allen Siedlungen liegt dieser eiszeitlicher See, der erst durch die Waldwirtschaft zu der Größe kam, die er heute hat. Der See, der zur Holzdrift aufgestaut wurde, zeugt auch vom Einfluss der Waldwirtschaft auf die Natur, selbst in diesen abgelegenen Gebiet.
Da es auf dem Rückweg schon zu dämmern begann, wurde die geheimnisvolle Stimmung unterstrichen mit den moorigen Flächen, den moosbewachsenen Steinen und dem wilden Wald. Bis wir zum Wildgehege Tonbachtal kamen, wars leider schon dunkel, so dass wir die angepriesenen imposanten Hirsche nicht mehr sehen konnten.
Insgesamt punktet der Weg mit einer sehr abwechslungsreichen Wegführung, von schmalen Pfaden mit Wurzelwerk und Steinen über weichen Waldboden bis hin zum breiten Forstweg und geteerten Passagen ist alles dabei.
Wenn wir nicht gerade in Corona-Zeiten unterwegs gewesen wären, hätte eine zünftige Einkehr in die Tonbacher Gastronomie der ganzen Wanderung noch eine Krone aufgesetzt. So sind wir mit unseren Pilzen heimwärts gefahren und haben was Schmackhaftes in den eigenen Pfannen gebrutzelt.
Die Tour machen wir sicher nochmal – und versuchen diesmal vor Sonnenuntergang die Wanderung abzuschließen.
Rechts und links von der Schwarzwaldhochstraße
Einmal zum Ellbachsee und zurück
Beim herbstlichen Blick zum Ellbachsee kann man so richtig durchatmen. Und auch um die Zuflucht herum eröffnet das Wandern im Herbst dramatische Fern- und interessante Nah-Sichten.
Der sonnige Herbtstag lockt auf die Höhe: entlang der Schwarzwaldhochstraße entfaltet der Herbst seine leuchtenden Farben. Besonderer Höhepunkt der kurzen Wanderungen war das Pilzsammler-Glück. Wir fanden nicht nur farbenprächtige Exemplare, sondern auch essbare Sorten. Somit war das Abendessen gesichert. Und der Sonnenuntergang zauberte noch ganz eigene Stimmung an den Abendhimmel.
Die Glasfenster von Albert Birkle in der Gernsbacher St. Jakobskirche
Seit über 50 Jahren befinden sich Glasfenster des Künstlers Albert Birkle in der evangelischen St. Jakobskirche in Gernsbach. Die einzigartige Leuchtkraft dieser großen Chorfenster begeistern seither die Besucher des Gotteshauses.
Diese Fenster sind Ausdruck lebendiger Auseinandersetzung mit der Zeit, mit dem Glauben, mit dem Gemeindeleben.
In diesem Jahr erhielten die Fenster eine besondere Aufmerksamkeit: In Gernsbach wurde die Liebfrauenkirche wurde innen renoviert, von Januar bis November beherrschte ein riesiges Baugerüst das große Kirchenschiff. Bis unters Dach waren die Handwerker tätig: Maler, Steinmetze, Zimmerleute, Kunstmaler und Restauratoren gingen aus und ein. So konnten auch an Pfingsten, als die Corona-Bestimmungen wieder gestatteten, sich zu versammeln, kein Gottesdienst in der Liebfrauenkirche stattfinden. Ein Lichtblick in dieser Zeit war die gastfreundliche Bereitschaft der evangelischen St. Jakobsgemeinde, den katholischen Gemeinde in ihrem Gotteshaus willkommen zu heißen.
So erlebte die katholische wie evangelische Gernsbachs in der St. Jakobskirche im Licht des Pfingstfensters der Freude des Pfingstfestes. Gefangen von dem Licht, das durch das ausdrucksstarke Glasfenster auf die versammelte Gemeinde fiel, war es nicht mehr weit zu den Fragen, woher diese Glasfenster stammen und mehr über den Künstler zu erfahren wie über den Weg, wie die Fenster nach Gernsbach kamen.
Drei Autorinnen kamen zusammen und gehen auf die verschiedenen Aspekte der Birkle-Fenster ein.
Dr. Irene Schneid-Horn stellt die Historie der Fenster im lokalen Umfeld dar. Außerdem gibt sie einen Rückblick auf die Vorgängerfenster. Regina Meier geht den Spuren des Künstlers nach. Albert Birkle (1900-1986), in Berlin geboren mit schwäbischen familiären Wurzeln, lebte ab 1939 in seiner Wahlheimat Salzburg. Von dort aus schuf er ein umfangreiches Glaskunst-Werk, das bis nach Washington D.C., USA, reicht. Susanne Floss betrachtet die Fenster aus spiritueller Sicht und eröffnet mit Texten, Bibelpassagen und Gedichten einen Zugang zu den farbigen Kunstwerken. Werner Meier unterstreicht mit den großformatigen Aufnahmen und den Detailansichten die Aussagen der farbenprächtigen Glasfenster.
Die ansprechende Gestaltung der Texte unterstreichen die klaren und ästhetischen Aussagen des Buches.
Regina Meier / Irene Schneid-Horn / Susanne Floss
Leuchtende Hoffnung
Die Glasfenster von Albert Birkle in der Gernsbacher St. Jakobskirche
48 Seiten, großformatige 4fbg Fotos, Broschur, Format DINA4
Fotos: Werner Meier und Irene Schneid-Horn
Gestaltung: Carmen Armbrust, Achern
Verlag Am Mauergarten, Gernsbach
Erscheint: Ende November 2020
ISBN 978-3-9822487-0-7
20,- Euro
Das Buch kann bestellt werden per E-Mail an service@verlag-am-mauergarten.de oder über den Buchhandel. siehe auch Verlag am Mauergarten
Vor 80 Jahren endet das jüdische Leben in Gernsbach. Mit dem Abtransport der letzten verbliebenen jüdischen Bürger nach Gurs findet die Ausgrenzung und Auslöschung des jüdischen Lebens durch die Nationalsozialisten in Gernsbach ihren Schlusspunkt. Neun Gernsbacher werden ultimativ von der Gestapo an dem Morgen des 22. Oktober 1940 aufgefordert, ihre Koffer zu packen und sich zum Abtransport an der Stadtbrücke einzufinden.
Die Gestapo klopft an die Tür in der Bleichstraße 2 bei Hermann Nachmann, in der Bleichstraße 4 müssen sich Arthur und Erna Kahn sowie deren Schwester Hilda Dreyfuß und die beiden Töchter Lieselotte und Margarethe fertigmachen, und in der Bleichstraße 14 haben Eugen Lorsch und seinem Sohn Heinz sowie die Hausgehilfin Bertha Marx keine Wahl, dieser Anordnung zu folgen. Die Aktion findet am Morgen des letzten Tages des Laubhüttenfestes, Sukkoth, statt, einer der traditionellen Festtage der Juden, die im Kreis der Familien gefeiert werden. Die Einsatzkommandos können also davon ausgehen, dass sie in allen jüdischen Haushalten die Familienmitglieder antreffen. Innerhalb einer Stunde sollen sie sich reisefertig machen, ins Handgepäck dürfen lediglich Verpflegung für ein paar Tage, eine Wolldecke, Ess- und Trinkgeschirr und pro Person 100 Reichsmark mitgenommen werden. Von Gernsbach werden die sie mit einem Lastwagen nach Rastatt abtransportiert, dort geht es mit dem Zug in das südwestliche Frankreich, nach Gurs, einem Lager am Fuße der Pyrenäen, weiter. Über 6.000 jüdische Bürger aus Baden, Rheinland-Pfalz und dem Saarland werden im Oktober 1940 von den Nationalsozialisten in das Lager Gurs deportiert.
Unvorstellbare Lagerbedingungen
Viele der Deportierten sterben dort oder in weiteren Lagern. Die Baracken verfügen weder über sanitäre Einrichtungen noch Trennwände oder verglaste Fenster. Kälte und Hunger bestimmen den Tagesablauf. Erschütternde Zeugnisse über die Situation in dem Lager sind durch einen Brief des Gernsbachers Arthur Kahn überliefert. Er schreibt an das Bürgermeisteramt und bittet um die Übersendung von Kleidern, Schlafdecken und Handtücher: „Für alles wollen wir gerne aufkommen, wir befinden uns hier mit meinen kleinen Kindern wirklich in der größten Not, so möchte ich nochmals bitten, die Zusendung auf dem bestmöglichsten, schnellsten Wege erfolgen zu lassen, ohne Rücksicht nehmen zu wollen auf die Höhe der Unkosten. Für ihre Mühe danke ich im voraus, auch im Namen meiner Frau, Schwägerin und Kinder.“ Unterschrieben mit „Arthur Kahn, einst: Gernsbach, Bleichstraße 4“.
Arthur Kahn stirbt bald darauf, noch im Jahr 1941, 54 Jahre alt, in Rivesaltes, seine Frau Erna Kahn und ihre Schwester Hilde sowie Bertha Marx werden aus Gurs in ein Vernichtungslager, wahrscheinlich Auschwitz, transportiert und 1942 umgebracht. Die Kinder Margarethe und Lieselotte Kahn werden von der Hilfsorganisation OSE (Oeuvre de Secours aux Enfants) gerettet. Die OSE betreibt selbst einige Kinderheime in der unbesetzten Zone, sucht Angehörige der Kinder im Ausland und verhilft ihnen zur Ausreise. So gelangen die beiden Kahn-Töchter zu Verwandten in den USA. Der Jugendliche Heinz Lorsch, im Jahr der Deportation 15 Jahre alt, flieht und schließt sich der französischen Resistance an. Sein Vater Eugen Lorsch stirbt 1941 in Gurs.
Heute ist vom ehemaligen Lager Gurs nicht mehr viel übrig. Man betritt das Gelände über ein Mahnmal, das genau an der gegenüberliegenden Seite des damaligen Eingangs liegt und mit der zwei Kilometer langen Lagerstraße verbunden ist. 1963 wurde der Friedhof restauriert. Die 1.073 identischen Gräber stehen um das Mahnmal die für die jüdischen Opfer aus Gurs. Eine Arbeitsgemeinschaft badischer Städte sich für die Pflege des Friedhofs ein.
Wie konnte es soweit kommen?
Mit dem Tag der Machtübernahme Hitlers verändert sich das Zusammenleben der jüdischen Mitbürger und ihren Nachbarn von Grund auf. Seit Generationen gewachsene Gemeinsamkeiten werden zerstört, und die Diskriminierung der jüdischen Bürger wird Schritt für Schritt umgesetzt. Die Juden werden aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt: 1935 wird eine Judenkartei angelegt, die sämtliche Mitbürger jüdischen Glaubens auflistet, verdächtige Personen werden überwacht. „Kauft nicht bei Juden“ ist auch in den Geschäften jüdischer Kaufleute in Bleich- und Igelbachstraße und auf dem Marktplatz zu lesen, die Gewerbe- und Führerscheine müssen abgegeben werden. Den Menschen wird die Existenzgrundlage entzogen.
Anfänglich vollzieht sich die Ausgrenzung der Juden fast schleichend für viele unsichtbar und unbemerkt. Doch immer mehr wird die Unmenschlichkeit offenbar: so müssen nach der Reichspogromnacht alle jüdischen Kinder Gernsbachs die Schule verlassen.
Wertvolle Erinnerungsarbeit
Zum Jahrestag der Deportation am 22. Oktober wird seit 20 Jahren wertvolle Erinnerungsarbeit an die letzten jüdischen Mitbürger in Gernsbach praktiziert. Den Anstoß dazu gab der Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach. Die damaligen Mitwirkenden gestalteten einen würdigen Rahmen für die Enthüllung des Gedenksteins zur Erinnerung an die jüdischen Bürger Gernsbachs an der Stadtbrücke im Jahr 2000.
Es folgte 2008 ein weiterer Gedenkstein in einem ökumenischen Projekt von den Konfirmanden und Firmanden. Sie gestalteten mit der Steinmetzin einen Stein, dessen Zwilling in Neckarzimmern steht. Er zeigt ein Floß aus Baumstämmen, mit Flößerhaken zusammengehalten, doch links greifen die Haken ins Leere, dort ist der Stamm der jüdischen Mitbürger weggerissen, ein Verlust, der unwiederbringlich ist.
In den vergangenen Jahren gestalten jeweils verschiedene Gruppen die jeweilige Gedenkfeier unter Leitung des Arbeitskreises Stadtgeschichte mit. Regelmäßige Teilnehmer sind Vertreter der christlichen Kirchen, der politischen Gemeinde und verschiedener gesellschaftlicher Gruppen. Auch von Seiten der Schulen ist jeweils eine Schülergruppe eingebunden, die sich mit Textbeiträgen, aber auch Malereien, verzierten Kerzen oder Szenenspiel einbringt. Besonderes Gewicht erhält diese Gedenkfeier, da seit einigen Jahren Nachfahren der einstigen Deportierten die Feier besuchen. Der Teilnahme von zahlreichen Gernsbachern an der Gedenkfeier zeigt, wie wichtig den Bürgern die Erinnerung an die Opfer der einstigen Verfolgung und Diskriminierung durch die Nationalsozialisten ist.
Auch in diesem Jahr wird wieder zur 80. Wiederkehr der Deportation eine Gedenkfeier am 22. Oktober stattfinden. Aufgrund der aktuellen Corona-Situation wird der Ablauf kurz zuvor in der Tagespresse und den sozialen Netzwerken bekannt gegeben.
Regina Meier
Dieser Beitrag erschien im “Gernsbacher Boten” 3/2020 im Casimir Katz Verlag am 15. September 2020
Wenn in diesen Tagen die Kinder in die Kinderkrippe in die Jahnstraße 7 einziehen, beginnt ein neuer Abschnitt in der über 80-jährigen Geschichte des Hauses.
Auf den ersten Blick sieht man diesem adretten Haus nicht an, dass es ein Stück Gernsbacher Wirtschaftsgeschichte verkörpert. Errichtet wurde es 1936 – und zwar als Musterhaus der Firma Katz & Klumpp. Dieses Haus ist eines der Musterhäuser der Fertighausabteilung des einstigen Unternehmens in der Bleichstraße.
Bereits nach dem Ersten Weltkrieg fertigte Katz & Klumpp Gewächshäuser auf dem Areal in der Bleichstraße. Daraus entstand eine eigene Abteilung: die Holzbauabteilung, kurz Hoba genannt. Der damalige Unternehmensleiter Helmuth Katz (1891-1969) hat nach dem Einbruch der Weltwirtschaftskrise die Holzverarbeitung um ein neues Geschäftsfeld erweitert.
Er hatte auf seinen Reisen durch Schweden die Fertigung von Fertighäusern gesehen. Zuerst lief das Geschäft langsam an, zuerst wurden Holzbaracken hergestellt. Nachdem die anfänglichen Probleme überwunden waren – denn in Deutschland war diese Art zu bauen, noch unbekannt: die Versicherungen machten Schwierigkeiten, die Banken waren nicht bereit, diese Häuser mit Hypotheken zu beleihen – lief die Produktion auf vollen Touren.
Anfangs der dreißiger Jahre waren es 20 bis 30 Häuser pro Monat. Die Herstellung der Häuser war sehr lohnintensiv. Das bedeutete, dass in Gernsbach bis zu 450 Arbeitskräfte damit beschäftigt waren.
Das Schnittholz dazu wurde in den Sägewerken von Katz & Klumpp in Weisenbach und Gernsbach geschnitten, es wurde aber auch Holz aus benachbarten Sägewerken zugekauft. Im Gernsbacher Hobelwerk – die Holzhalle, die in diesem Frühjahr auf dem Pfleiderer Areal abgerissen wurde – standen große Hobelmaschinen und eine Schreinerei. In der Montagehalle wurden die einzelnen Elemente im Akkord zusammengefügt. Schon damals erkannte man, dass eine konsequente Normierung eine wesentliche Bedingung für die kostengünstige Fertigung darstellt.
Nach Kriegsende beschlagnahmten die Franzosen erst mal die Produktion in Gernsbach. Die Holzbauabteilung wurde von Nona Mayer-Katz übernommen. Ihre guten Französisch-Kenntnisse und die guten Beziehungen zur Besatzungsmacht machte die Abwicklung dieser Reparationspflichten um vieles einfacher. Es wurden Holzhäuser für den Wiederaufbau in Frankreich gefertigt. Dies hatte oberste Priorität. Und die Zahl der Beschäftigten wuchs auf 600. Etwa 50 Häuser wurden monatlich nach Frankreich geliefert.
Allerdings erfuhr diese Ausfuhr von Fertighäusern nach der Währungsreform 1948 einen radikalen Einschnitt. „Von heute auf morgen gab es kein Geschäft mit Holzhäusern mehr“, hielt Dr. Casimir Katz in seinen Erinnerungen „Der Kampf um die Firma“ fest. Die plötzliche Auftragseinbruch brachte auch eine kuriose Situation mit sich. Die letzte Bestellung der Franzosen lautete über 150 Häuser, von denen man bereits einige Teile gefertigt hatte. „Nun saß man mit 137 fertigen rechten Giebeln, aber keinem linken Giebel da“, geht es in den Erinnerungen weiter. In den nächsten Jahren konnten diese auch nicht mehr verarbeitet werden, weil in Deutschland niemand Geld hatte, sich ein solches Haus zu leisten. Zwei der Häuser wurden noch errichtet: beide stehen heute noch in Gernsbach, eines davon steht in der Austraße, das Modell Typ Gernsbach I steht in der Friedrichstraße.
Ein rares Dokument der letzten Phase der Hoba-Abteilung findet sich im Hauptstaatsarchiv in Freiburg. Dort ist festgehalten, dass sich im Jahr 1950 die Fa. Katz & Klumpp darum beworben hatte, Holzhäuser für den Vatikan zu liefern. Doch dieser Auftrag kam nicht mehr zustande.
1954 erfolgte die Auflösung der Hoba-Abteilung. Das bedeutete das Aus nicht nur für einen zukunftsträchtigen Fertigungsbereich, sondern auch für viele Beschäftigte. Die Arbeitskräfte wechselten zur Bierglasuntersetzerfabrik nach Weisenbach oder zu Daimler-Benz. Die Pläne, die Holzbau-Abteilung in eine Wohnbau-Abteilung großen Stils umzurüsten, wurden nicht weiter verfolgt. Der Plan hatte vorgesehen, der Holzabteilung ein Betonwerk und eine Abrichterei von Metallbestandteilen anzugliedern. Doch diese Pläne wurden nicht umgesetzt: 1954 wurde die Fertigungsstätte der Hoba zum Betonschwellenwerk umgebaut.
Lange Tradition als Wohnhaus
Das Haus in der Jahnstraße 7 wurde von Katz & Klumpp als Wohnhaus gebaut. Ende der dreißiger Jahre wohnte darin der Sohn des Prokuristen und Oberbuchhalter Gustav Abel sen. mit seiner Frau Gogi. Damals hieß die Adresse noch Gartenstraße 7. Erst 1952 wurde auf Antrag des Turnvereins Gernsbach die Umbenennung in Jahnstraße vollzogen. Gleichzeitig wurde die Genehmigung erteilt, ein Jahn-Denkmal an dem damaligen Progymnasium zu errichten.
Die Kriegsereignisse schrieben die Geschichte des Hauses weiter: Gustav Abel jun. war als Dolmetscher in der Wehrmacht eingesetzt und konnte die Familie seiner Frau, die aus Düren stammte, vor den Bombardements des Ruhrgebiets retten. Sie fanden Zuflucht in dem Haus am Bachgarten. Nach Kriegsende beschlagnahmten die Franzosen das schmucke Haus, erst 1957 wurde es wieder freigegeben.
Die Stadt Gernsbach, die seit 1963 Eigentümer des Hauses ist, hat dieses Haus zu Wohnzwecken vermietet. In den letzten Jahren wurde es als Anschlussunterkunft für Flüchtlingsfamilien genutzt. Einen prominenten Mieter hatte das Haus gleich zu Beginn der städtischen Ära in dem Haus: der katholische Pfarrer Heinz Marbach, der als junger Pfarrer 1964 nach Gernsbach kam, war kurz danach obdachlos, da ein Brand das Pfarrhaus vernichtet hatte und er erst mal eine Bleibe suchen musste. So zog er zum 1. Februar 1965 in das Haus ein, das nicht weit zu der Liebfrauenkirche liegt, und fand dort bis zur Fertigstellung des neuen Pfarrhauses sein Zuhause.
Nach der Sanierung des Hauses 2020 erstrahlt das Gebäude in neuer Pracht und sieht einer lebendigen Zukunft entgegen. Dank der umfassenden Renovierung der Innenräume, den Einbau einer Fluchttreppe, einer energetischen Sanierung und eines neuen Daches wurde ein modernes Heim für die neue Kinderkrippe geschaffen. Träger der Einrichtung ist die Spielwiese gGmbH. Die Gesellschaft, mit Sitz in Baden-Baden, unterhält weitere Einrichtungen in Gaggenau, Muggensturm und Rastatt. Dazu gehört auch der Waldkindergarten Gernsbach im ehemaligen Naturfreundehaus unter Leitung von Florian Kreuzer. Mit der Einrichtung kommt die Stadt Gernsbach dem Ziel, ausreichend Kinderkrippenplätze anzubieten, einen Schritt näher.
Gleichzeitig wird auch ein Relikt Gernsbacher Industriegeschichte vor dem Verschwinden bewahrt.
Regina Meier
Dieser Beitrag erschien im “Gernsbacher Boten” 3/2020 im Casimir Katz Verlag am 15. September 2020