Let’s stay in a yurt

Einen neuen Anfang wagen
Wie reagiert man, wenn plötzlich alles weg ist: Haus, Hof, Erinnerungen in Räumen, Bilder, Möbel. Die Vorstellung ist schmerzhaft.
Das Großfeuer, von dem Mitte August 2020 Teile Kaliforniens heimgesucht wurden, betrifft auch die Region Santa Cruz. Ausgelöst durch Blitzeinschläge breitete es sich aufgrund der großen Trockenheit rasant aus. In dem Landstrich, in dem auch unsere Freunde wohnen, standen fast 200 Quadratkilometer unter Feuer, auch die Ansiedlungen im Bereich Pescadero mussten evakuiert werden. Darunter der White House Canyon. Die CZU Lightning Complex Fires (benannt nach der Region San Mateo-Santa Cruz Unit) konnten tagelang nicht unter Kontrolle gebracht werden – trotz immensen Einsatzes der Feuerwehr. Vier Tage später waren in der Region 163 Wohnhäuser und andere Gebäude abgebrannt. Und dann die traurige Nachricht, als unsere Freunde wieder zu ihren Häusern in White House Canyon fahren konnten: alles zerstört!
Der Schock sitzt tief.
Man ist man erst mal froh, dass Leib und Leben, Hund, Pferd, Ziegen, Kühe, Katzen, alles, was auf der Farm lebendig war, sich retten konnte. Doch alle Besitztümer sind zerstört: dort, wo einst das Haus stand, mit allem was dazugehört, von der Küche bis zur Wohncouch, vom Schlafzimmer bis zum Bücherregal – ist eine undefinierbare Masse von Metall, Asche und bizarren Formen. Alles wurde ein Opfer der Flammen. Unwiederbringlich: die große Kiste mit den alten Fotos, die nun nie in ein Fotoalbum eingeklebt werden können. So viele Erinnerungen. Der Küchentisch, an dem so viele Gäste saßen, die Terrasse, auf der so viele Feste gefeiert wurden. Die Gedanken gehen wirr durcheinander. Was tun? Wie weiterleben?
Da ist es verständlich, dass eine der ersten Reaktionen von Christine war: „I never want to have belongings again. Let’s stay in a yurt.“
Es drückt allerdings auch aus, dass ein Neu-Anfang gewagt wird. Wann, das ist nicht klar. Wie, weiß keiner. Aber dass er unternommen wird, schwingt schon in der kurzen Aussage mit. Nur Mut! Es werden viele dabei helfen. Freunde, Nachbarn, Familie. Und bis es soweit ist, werden sie in Zelten und Mobile Homes nächtigen – und zusammensitzen: wie in einer Jurte.


Die Feuerwehr dort hat eine unglaubliche Leistung vollbracht. Nur dadurch war es möglich, dass dem Feuer Einhalt geboten werden konnte.

Eine Spendenaktion wurde ins Leben gerufen. Danke!

Clean slate
Es gibt Wörter, deren Bedeutung ich nie lernen wollte. Bis vor kurzen kannte ich die Übersetzung von „clean slate“ auch nicht. Doch als Christine uns in einer der kurzen Nachrichten nach dem verheerenden Brand in White House Canyon, dem ihr gesamtes Haus zum Opfer fiel, mitteilte: „Clean slate!“, musste ich mich damit beschäftigen.
So schrecklich die Nachrichten über die Verwüstungen durch den Flächenbrand waren, so hoffnungsvoll stimmten diese zwei Worte. Denn ich will diese Übersetzung nicht so verstehen, einen reinen Tisch zu machen, einen Schlussstrich zu ziehen. Sondern vielmehr: einen Neuanfang machen. Und so kommen die Meldungen aus dem fernen Kalifornien auch über den großen Teich. Neu beginnen: „Farmaggedon will rise again“.