Auswanderer 1923 – mit Gernsbacher Wurzeln

Fritz Schorn (rechts) wanderte 1923 nach Amerika aus. Foto: Familienarchiv Schorn

Vor 100 Jahren wagten so manche Deutsche den Sprung über den Atlantik, um in den USA ein neues Leben zu beginnen. Die wirtschaftlichen Nöte und die politischen Instabilitäten lösten so manchen Auswanderungswunsch aus. Einer der dies umsetzte war Fritz Schorn aus Gernsbach, der als Neunzehnjähriger 1923 in das verheißungsvolle Land Amerika ging. Dort begann er ein neues Leben und gründete eine Familie im fernen Westen der USA, in Kalifornien. Dabei behielt er immer den Kontakt zu seiner Familie in Deutschland durch regelmäßige Besuche nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine Erinnerungen an seine Kinder und Enkelkinder in Kalifornien weiter. Seine lebendigen Erzählungen hielt die Erinnerung an seine Kindheit und Jugend in seiner Familie lebendig. Und an ein Gernsbach wie es in den fünfziger und sechziger Jahren schon nicht mehr gab.

Fritz Schorn hielt deutsche Traditionen im fernen Kalifornien lebendig. Foto: Familienarchiv Schorn

Neben seinem Haus in San Francisco baute er ein Waldhaus in den Redwood Wäldern nahe der kalifornischen Metropole, da ihn die Landschaft dort so sehr an den Schwarzwald erinnerte. Dort bewahrte er so manches historisches Mitbringsel auf und traf sich mit anderen deutschen Auswanderern zum Binokel-Spielen und Oktoberfesten. Auch seinen Enkeln brachte er von seinen Deutschland-Reisen Dirndl und Lederhosen mit, selbst als diese schon längst nicht mehr zu den zeitgemäßen Kleidung in Deutschland gehörte. Durch seine Erzählungen schuf er die Grundlage in seinen Kindern und Enkelkindern die Verbindung zu der Familie in Deutschland nie abzubrechen – zur Freude aller jenseits und diesseits des großen Teichs.

In der BNN/BT vom 21. September 2023 wird die Auswanderung von Fritz Schorn wie auch seine Verbundenheit zu seinen Gernsbacher Wurzeln aufgegriffen. 

Wolf Biermann. Rastatt – Karlsruhe – Berlin

Im April dieses Jahres hatte der Deutsch-Israelische Freundeskreis gemeinsam mit der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe Wolf Biermann eingeladen. Und das Jubez, das Kulturzentrum am Kronenplatz in Karlsruhe, war bis auf den letzten Platz gefüllt. Gemeinsam mit dem ZEIT-Journalisten Andreas Öhler nahm Wolf Biermann das Publikum mit auf seine Reise durch die deutsche Geschichte der letzten 50 Jahre, immer in Bezug auf seine enge Verbindung zu Israel und seinem Buch „Mensch Gott!“.

Er erzählte von seinem kürzlichen Auftritt in der Elbphilharmonie, in Paris und in Israel. Humorvoll und todernst zugleich, manchmal polternd und mit peitschenden Worten, manchmal einfühlsam und verhalten trug er seine Lieder und seine Gedanken vor. „Die Tränen der Mütter von toten Soldaten sind alle gleich“, war einer seiner Anmerkungen zum Ukraine-Krieg.
Höhepunkt war sicherlich die Aufführung seines neuen Liedes „Späte Ermutigung“. Dafür hatte er für das Publikum eine Kopie seines Textes samt Noten vorbereitet. Begeisterten Applaus gab es bei dem Lied „Lass dich nicht verhärten“, das zu seinen Klassikern gehört. So kennt man Biermann, so hat er Geschichte geschrieben.

Die Stephanus-Buchhandlung erlebte nach der Veranstaltung einen wahren Ansturm auf die Biermann-Bücher. Wolf Biermann hatte alle Hände voll zu tun, den Signierwünschen nachzukommen. Dies machte er viel Geduld und allerlei humorvollen Kommentaren. Vor allem, als ich ihm das Foto von 1999 zeigte, das im LWG Rastatt von der Signierstunde nach seinem Konzert gemacht wurde.

Damals gestaltete er auf Einladung des „Amtes für Schulen, Kultur und Sport der Stadt Rastatt“ im Ludwig Wilhelm Gymnasium einen Liederabend „Süßes Leben – saures Leben“. Damals beschrieb er sein Programm: Diese Lieder haben den Ton, den das Publikum seit Jahrzehnten kennt, aber sie bewegen sich noch mehr als früher in meiner familiären Heimat und zugleich vertrauter in der weltweiten Fremde.“

Im April 1999 waren seine Texte genau so provozierend wie zu der Erstehungszeit in den sechziger Jahren, als er  zum radikalen Kritiker an der Parteidiktatur der DDR wurde. Seine Ausbürgerung 1976, die er nach dem totalen Auftritts- und Publikationsverbot in den sechziger Jahren hinnehmen musste, führte damals zu einer Protestbewegung in Ost und West. Damals musste Wolf Biermann einne neuen Anfang wagen, ungewollt, aber ohne Alternative.

Der Dichter wurde mit allen großen deutschen Literaturpreisen ausgezeichnet. Seine Gedichtbände sind unter den meistverkauften der deutschen Nachkriegsliteratur.

Eine weitere Ehrung wurde ihm in diesem Jahr zuteil. Die Ausstellung im Deutschen Historischen Museum zeigt in der Ausstellung “Wolf Biermann – ein Lyriker und Liedermacher in Deutschland“ vom 7. Juli 2023 bis 14. Januar 2024.

Wie das Museum ankündigt, thematisiert die Ausstellung Wolf Biermann vor dem Hintergrund der besonderen Stellung, die die Kultur in der DDR einnahm. Sie folgt dem Werdegang des Liedermachers von seiner Übersiedelung in die DDR über erste künstlerische Erfolge bis zum Auftrittsverbot und schließlich seiner Ausbürgerung. Diese stellte ihn vor eine Herausforderung: Wie definierte sich ein Liedermacher neu, der sich bei aller Kritik an der SED-Führung als Kommunist verstand? Als 1989 die Bürgerrechtsbewegung in der DDR erstarkte und die Regierung ins Wanken geriet, blieb Biermann vorerst Zaungast. Eine ausführliche Station ist auch der Familiengeschichte Wolf Biermanns gewidmet: Für Biermann, dessen Vater Dagobert als Jude und Mitglied des kommunistischen Widerstands in Auschwitz ermordet wurde, war dies nicht erst nach seiner Ausweisung aus der DDR zentral.