Die 48/49er-Revolution aus lokaler Sicht

Vor 175 Jahren fanden die revolutionären Gedanken um Freiheit, Gleichheit und Einheit eines deutschen Staates ihr vorläufiges Ende. Dazu erschien nun  der passende lokale Geschichtsrückblick. Zugeschnitten auf die lokale Verhältnisse schafft es Cornelia Renger-Zorn, die Ideen und Geschehnisse der Jahre 1848/49 lebendig rüber zu bringen. In 30 Kapiteln zeigt sie die Entwicklung auf und nimmt uns mit auf eine Zeitenreise in die Mitte des 19. Jahrhunderts.

Somit bekommt nicht nur die Badische Revolution Konturen, man gewinnt auch ein Verständnis über die gesellschaftliche Strukturen in der Kleinstadt. Die einzelnen Kapitel haben eine überschaubare Länge. Gegenüber der zugrunde liegenden Serie in der Lokalzeitung werden die Beiträge mit zahlreichen Fotos angereichert und geben umfangreiches Quellenmaterial an. So erhalten die Akteure der Revolution, nach denen in Gernsbach mehrere Straßen benannt sind, wie zum Beispiel die Carl-Drissler-Straße, ein Gesicht. Auch die Orte, an denen in Gernsbach die Revolution eine Rolle spielte, wie der Badische Hof oder der Goldene Bock, werden verortet und regen zur Spurensuche an.

Cornelia Renger-Zorn benennt auch die Opfer der Kampfhandlungen und  eigt auf, welch hohen Preis die damaligen Vertreter der Demokratiebewegung zu zahlen hatten, manche wurden zu hohen Geldstrafen oder Gefängnisaufenthalten verurteilt. Sie listet detailgenau die Bürger auf, die sich für Grundrechte und Gleichheit vor dem Gesetz einsetzten und stellt auch die Gegner wie auch die Opportunisten vor – ein wahres Kleideroskop der damaligen Gesellschaft.

In ihrem Schlusswort spannt Cornelia Renger-Zorn den Bogen zu den aktuellen politischen Ereignissen. Letztlich habe der Einsatz der Revolutionäre und freiheitsliebenden Bürgerinnen und Bürger 1848/49 die Umsetzung der Verfassung der Weimarer Republik und letztlich unser heutiges Grundgesetzt gefördert: „Ob die Bewegung und Verfassung von 1849 dann ein so bedeutendes Vorbild für die moderne freiheitlich-demokratische Grundordnung … hätte werden können, ist zu überlegen.“ Wären wir bereit, für Demokratie und Einheit auch diesen hohen Preis zu zahlen wie es damals die Revolutionäre getan haben?

Badner Buch Verlag, Hardcover, 166 Seiten, erschienen September 2024, 19 Euro.

Schicksalsjahr 1923 – Teil 3

Großherzogin Luise (sitzend Mitte) besuchte während des Ersten Weltkriegs ein Lazarett in Gernsbach, das von Johanna und Casimir Otto Katz in Scheuern gestiftet worden war. Foto: Familienarchiv Katz

Großherzogin Luise war im April 1923 im Alter von 84 Jahren verstorben. Zu der Trauerfeier kamen über 30 Vertreter deutscher Fürstenhäuser. Tausende Menschen zogen an dem Sarg vorüber, um Abschied von der Landesmutter zu nehmen. Nur wenige Glocken läuteten beim Trauerzug zur Grabkapelle des Großherzoglichen Hauses in Karlsruhe . Das lag aber nicht an Anordnungen der demokratisch gewählten Landesregierung, sondern schlichtweg am Fehlen der Glocken, die während des Ersten Weltkriegs eingeschmolzen und noch nicht ersetzt worden waren. Auch in Gernsbach trauerte man um die einstige Landesherrin, war sie doch mehrfach in Gernsbach zu Besuch gewesen. Noch während des Ersten Weltkriegs hatte sie ein Lazarett in Scheuern besucht, das von Johanna und Casimir Otto Katz gestiftet worden war.

Bürgermeister Georg Menges

Im Jahr 1923 war Georg Menges Bürgermeister der Stadt, sein Amtssitz war das Alte Rathaus am Marktplatz.[i] Er war 1919 der erste demokratisch gewählte Bürgermeister sowie der erste „Berufs-Bürgermeister“, zuvor übten die Stadtoberhäupter ihre Aufgabe als Teilzeitbeschäftigung aus. Im zur Seite stand der demokratisch gewählte zehnköpfige Gemeinderat. 1923 waren darin die Zentrumspartei,die Sozialdemokratische Partei (SPD), die Deutsche Demokratische Partei (DDP) und Deutschnationale Volkspartei (DNVP) vertreten.[2] Außerdem gab es den Bürgerausschuss mit 48 Mitgliedern, eine weitere lokalpolitische Einrichtung.

Georg Menges erhielt das Bundesverdienstkreuz. Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Freiburg W 134 Nr. 067969a

Bürgermeister Menges hatte das Amt bis 1933 inne. Da wurde er auf Anweisung des Reichskommissars Robert Wagner (NSDSAP) in Schutzhaft genommen und musste „aus politischen Gründen“ das Amt niederlegen. In dem gegen ihn eingeleiteten gerichtlichen Verfahren wurde er wohl freigesprochen, doch in ein öffentliches Amt ließen ihn die Nationalsozialisten nicht zurückkehren. Gleichzeitig musste er seine Dienstwohnung in der Badner Straße 2 räumen. Mit seiner Frau Anna, geborene Wallraff, die er 1922 geheiratet hatte, und seinen Kindern zog er nach Freiburg. Anna Wallraff war die Tochter von Anna und Friedrich Wallraff, Wirt und Metzger in der Waldbachstraße. Erst 1946 übernahm er wieder öffentliche Ämter und gehörte von 1953 bis 1960 dem Landtag Baden-Württemberg an.[3]

1952 erhielt er das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. In dem 2019 veröffentlichten „Gedenkbuch Politisch Verfolgte Abgeordnete 1933-1945“ ist ihm ein Eintrag gewidmet.

Noch weiteres Notgeld

Aufwändig gestalteter 10 Milliarden Schein aus dem Jahr 1923. Quelle: Stadtarchiv Gernsbach

Die galoppierende Inflation des Jahres 1923 ließ auch die Druckmaschinen für Banknoten auf Hochtouren laufen. So kam auch Gernsbach zu individuellen Noten, die immer höhere Nennbeträge auswiesen. Im September 1923 stellte die Lokalzeitung „Der Murgtäler“ den neuen 10-Milliarden-Mark-Geldschein ganz detailliert vor mit Schloss Eberstein in der Mitte, umrahmt von einem Ebersteiner Grafen mit einem Pokal und einem Weinfass, mit dem Pokal in der Hand, und einem biederen Bürger (der Ähnlichkeit mit dem Stadtoberhaupt hatte) mit einem Krug Murgwasser.

 

Die Spruchbänder darauf sagen: „Den Ebersteinern half der edle Schloßbergwein, dagegen uns nur noch der Nullenschein.“ „Der Sprung zur Tiefe rettet einst den Grafen kühn, wann wird der Marksprung aufwärts uns aus der Papierflut ziehn?“

Aufnahme am Marktplatz: Inflationsjahrgang 1923. Zu Erkennen sind auf dem Foto: Herbert Fischer, Reinhold Hartmann, Reinhold Hellmann, Fritz Meixner, Werner Rothfuß und Albrecht Wenk. – Quelle: Stadtarchiv Gernsbach. Nachlass Franz Chemelli

Doch kaufen konnte man sich für diesen graphisch gelungenen Geldschein nicht viel: Bei der Herausgabe kostete eine Butter 8 Millionen Mark, ein Roggenbrot 500.000 Mark und ein Ei 250.000 Mark – und auch diese Preise waren nicht lange stabil. Erst mit der Umsetzung der Währungsreform endete der Spuk der Hyperinflation und es herrschten wieder reelle Preise.

In späteren Jahren karikierten die Gernsbacher dies: So wurden in einem Umzug mit Schulkindern des Jahres 1923 diese als „Gernsbachs Inflationsjahrgang“ beschrieben.

Hitler-Putsch am 9. November 1923

Zu Ende des Jahres 1923 spitzte sich nicht nur die Inflation zu, sondern auch die politische Situation in Deutschland entwickelte sich dramatisch.  Am Freitag, 9. November 1923 versuchte Adolf Hitler in München zum ersten Mal, politische Macht zu erlangen. Auch wenn sein Putschversuch niedergeschlagen wurde, so war er doch Vorbote für die Entwicklung des nationalsozialistischen Deutschlands.

 

Titelseite des “Murgtäler – Gernsbacher Tageblatt” vom 9. November 1923: Preßzensur. Quelle Archiv des Landkreises Rastatt

In Gernsbach kamen die Nachrichten von dem Hitler-Putschversuch umgehend an. Bereits in der Freitagsausgabe der Lokalzeitung „Der Murgtäler/Gernsbacher Bote“ spiegelten sich die sich überschlagenden Ereignisse wieder. So erschien der „Murgtäler“ am 9. November 1923  mit einer weißen ersten Seite: „Pressezensur“. Als Adolf Hitler am Morgen des 9. November mit seinen Anhängern zur Feldherrenhalle marschierte, hatte er noch die vage Hoffnung, dass er die öffentliche Meinung auf seine Seite ziehen konnte. Doch nach einem Handgemenge, das mit einem Feuergefecht endete und 14 Tote forderte, wurde der Putschversuch niedergeschlagen. Bereits  am Samstag, 10. November 1923 verkündete der Murgtäler/Gernsbacher Bote „Hitler-Putsch zusammengebrochen“… „Ein schnelles Ende“.

Ende der Flößerei

Eine Epoche ging 1923 formell zu Ende. Am 25. September 1923 verkündete ein Erlass des badischen Arbeitsministers das Erliegen der Flößerei auf der Murg. Faktisch ruhte schon seit 1913 die Flößerei vollständig, das letzte Floß der Murgschiffer ist wohl bereits 1896 die Murg hinunter geschwommen. Die wirtschaftlich an Bedeutung zunehmende Papier- und Holzindustrie kämpfte um die zur Verfügung stehenden Wasserkräfte. Die Entwicklung war unaufhaltsam. Seit 1895 hatte der Floßbetrieb stark abgenommen. Waren es in den Jahren 1886 bis 1895 noch jährlich etwa 640 Floße, die die Murg hinunterschwammen, so waren es in den Jahren bis 1905 nur noch 14 Floße jährlich, ab 1907 werden keine Floße mehr gezählt. Gegen die Aufhebungsverfügung von 1923 wird von Seiten der Industrie noch Einspruch beim Staatsministerium eingelegt, der jedoch verworfen wird. Das Amt erwiderte: „Die Erweiterung des Straßen- und Eisenbahnnetzes und die Verbesserung der Transportmittel (Kraftwagen) … haben das Flößen … vollständig verdrängt.“[4] Hinzu kam der Bau des Murgkraftwerkes und der Schwarzenbachtalsperre 1922.

Ölberg in Reichental

Der Ölberg in Reichental wurde 1923 geschaffen. Foto: Pirmin Sieb

Ein lokales Ereignis 1923 gab besonders in Reichental Anlass zur Freude. Nach langen Planungen wurde die Idee von Pfarrer Ludwig Popp umgesetzt. Am Ortseingang von Reichental wurde ein „Ölberg“ angelegt und mit einer 2,40 Meter hohen Christusfigur und einem ähnlich großen Engel mit Kelch markant gestaltet. Damit sollte an einer gut sichtbaren Stelle an die Opfer des Ersten Weltkriegs erinnert werden und ein Mahnmal für den Frieden und für die Verständigung der Völker geschaffen werden. Auch dieser Auftrag wurde durch die Inflation beeinflusst. So wurden der beauftragte Bildhauer Roland Martin aus Offenburg teils mit Naturalien vergütet, überliefert ist Bienenhonig und Tresterschnaps.

So manches Ereignis von 1923 wurde in diesem Jahr wieder lebendig und wurde in den letzten drei Ausgaben des „Gernsbacher Boten“ aufgegriffen. Auch die erst kürzlich stattgefundene 100-Jahr-Feier in Reichental beim Ölberg gestattete einen weiteren Rückblick in die Zeit vor einem Jahrhundert. Die Sammlung von Inflations-Geld aus dem Stadtarchiv präsentierte der Arbeitskreis Stadtgeschichte anlässlich des Tag des offenen Denkmals im Storchenturm. Im Rahmen des Vortragsabends zum 9. November, dem Schicksalstag der Deutschen, im Kornhaus wurde auch an den 9. November 1923 in München und vor Ort erinnert. Bei der Spurensuche von zwei Amerikanerinnen, die in diesem Sommer auf den Spuren ihres 1923 ausgewanderten Großvaters nach Gernsbach kamen, wurde die ganze wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation vor 100 Jahren aufgearbeitet. Spätestens dann wurde klar, die die sogenannten goldenen zwanziger Jahren viele Schattierungen hatten.

Regina Meier

[1 Martin Walter, Prägende Jahre zwischen den Kriegen 1914-1945, in: „800 Jahre Gernsbach – die Geschichte der Stadt“, Gernsbach 2019, Seite 203ff.

2] Der Murgtäler vom 22. Januar 1923, IMG 7875, eingesehen im Archiv des Landkreises Rastatt

[3] https://www.landtag-bw.de/contents/gedenkbuch/abgeordnete/VA_Menges%2c%20Georg%20(Jakob)~402.html abgerufen 25.10.2023, 12.10 Uhr

[4] Max Scheifele, Die Murgschifferschaft, 1988, Seite 399

 

Der Artikel erscheint im Gernsbacher Bote 4/2023, Erscheinungstermin: 28. November 2023

 

 

Auswanderer 1923 – mit Gernsbacher Wurzeln

Fritz Schorn (rechts) wanderte 1923 nach Amerika aus. Foto: Familienarchiv Schorn

Vor 100 Jahren wagten so manche Deutsche den Sprung über den Atlantik, um in den USA ein neues Leben zu beginnen. Die wirtschaftlichen Nöte und die politischen Instabilitäten lösten so manchen Auswanderungswunsch aus. Einer der dies umsetzte war Fritz Schorn aus Gernsbach, der als Neunzehnjähriger 1923 in das verheißungsvolle Land Amerika ging. Dort begann er ein neues Leben und gründete eine Familie im fernen Westen der USA, in Kalifornien. Dabei behielt er immer den Kontakt zu seiner Familie in Deutschland durch regelmäßige Besuche nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine Erinnerungen an seine Kinder und Enkelkinder in Kalifornien weiter. Seine lebendigen Erzählungen hielt die Erinnerung an seine Kindheit und Jugend in seiner Familie lebendig. Und an ein Gernsbach wie es in den fünfziger und sechziger Jahren schon nicht mehr gab.

Fritz Schorn hielt deutsche Traditionen im fernen Kalifornien lebendig. Foto: Familienarchiv Schorn

Neben seinem Haus in San Francisco baute er ein Waldhaus in den Redwood Wäldern nahe der kalifornischen Metropole, da ihn die Landschaft dort so sehr an den Schwarzwald erinnerte. Dort bewahrte er so manches historisches Mitbringsel auf und traf sich mit anderen deutschen Auswanderern zum Binokel-Spielen und Oktoberfesten. Auch seinen Enkeln brachte er von seinen Deutschland-Reisen Dirndl und Lederhosen mit, selbst als diese schon längst nicht mehr zu den zeitgemäßen Kleidung in Deutschland gehörte. Durch seine Erzählungen schuf er die Grundlage in seinen Kindern und Enkelkindern die Verbindung zu der Familie in Deutschland nie abzubrechen – zur Freude aller jenseits und diesseits des großen Teichs.

In der BNN/BT vom 21. September 2023 wird die Auswanderung von Fritz Schorn wie auch seine Verbundenheit zu seinen Gernsbacher Wurzeln aufgegriffen. 

Wolf Biermann. Rastatt – Karlsruhe – Berlin

Im April dieses Jahres hatte der Deutsch-Israelische Freundeskreis gemeinsam mit der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe Wolf Biermann eingeladen. Und das Jubez, das Kulturzentrum am Kronenplatz in Karlsruhe, war bis auf den letzten Platz gefüllt. Gemeinsam mit dem ZEIT-Journalisten Andreas Öhler nahm Wolf Biermann das Publikum mit auf seine Reise durch die deutsche Geschichte der letzten 50 Jahre, immer in Bezug auf seine enge Verbindung zu Israel und seinem Buch „Mensch Gott!“.

Er erzählte von seinem kürzlichen Auftritt in der Elbphilharmonie, in Paris und in Israel. Humorvoll und todernst zugleich, manchmal polternd und mit peitschenden Worten, manchmal einfühlsam und verhalten trug er seine Lieder und seine Gedanken vor. „Die Tränen der Mütter von toten Soldaten sind alle gleich“, war einer seiner Anmerkungen zum Ukraine-Krieg.
Höhepunkt war sicherlich die Aufführung seines neuen Liedes „Späte Ermutigung“. Dafür hatte er für das Publikum eine Kopie seines Textes samt Noten vorbereitet. Begeisterten Applaus gab es bei dem Lied „Lass dich nicht verhärten“, das zu seinen Klassikern gehört. So kennt man Biermann, so hat er Geschichte geschrieben.

Die Stephanus-Buchhandlung erlebte nach der Veranstaltung einen wahren Ansturm auf die Biermann-Bücher. Wolf Biermann hatte alle Hände voll zu tun, den Signierwünschen nachzukommen. Dies machte er viel Geduld und allerlei humorvollen Kommentaren. Vor allem, als ich ihm das Foto von 1999 zeigte, das im LWG Rastatt von der Signierstunde nach seinem Konzert gemacht wurde.

Damals gestaltete er auf Einladung des „Amtes für Schulen, Kultur und Sport der Stadt Rastatt“ im Ludwig Wilhelm Gymnasium einen Liederabend „Süßes Leben – saures Leben“. Damals beschrieb er sein Programm: Diese Lieder haben den Ton, den das Publikum seit Jahrzehnten kennt, aber sie bewegen sich noch mehr als früher in meiner familiären Heimat und zugleich vertrauter in der weltweiten Fremde.“

Im April 1999 waren seine Texte genau so provozierend wie zu der Erstehungszeit in den sechziger Jahren, als er  zum radikalen Kritiker an der Parteidiktatur der DDR wurde. Seine Ausbürgerung 1976, die er nach dem totalen Auftritts- und Publikationsverbot in den sechziger Jahren hinnehmen musste, führte damals zu einer Protestbewegung in Ost und West. Damals musste Wolf Biermann einne neuen Anfang wagen, ungewollt, aber ohne Alternative.

Der Dichter wurde mit allen großen deutschen Literaturpreisen ausgezeichnet. Seine Gedichtbände sind unter den meistverkauften der deutschen Nachkriegsliteratur.

Eine weitere Ehrung wurde ihm in diesem Jahr zuteil. Die Ausstellung im Deutschen Historischen Museum zeigt in der Ausstellung “Wolf Biermann – ein Lyriker und Liedermacher in Deutschland“ vom 7. Juli 2023 bis 14. Januar 2024.

Wie das Museum ankündigt, thematisiert die Ausstellung Wolf Biermann vor dem Hintergrund der besonderen Stellung, die die Kultur in der DDR einnahm. Sie folgt dem Werdegang des Liedermachers von seiner Übersiedelung in die DDR über erste künstlerische Erfolge bis zum Auftrittsverbot und schließlich seiner Ausbürgerung. Diese stellte ihn vor eine Herausforderung: Wie definierte sich ein Liedermacher neu, der sich bei aller Kritik an der SED-Führung als Kommunist verstand? Als 1989 die Bürgerrechtsbewegung in der DDR erstarkte und die Regierung ins Wanken geriet, blieb Biermann vorerst Zaungast. Eine ausführliche Station ist auch der Familiengeschichte Wolf Biermanns gewidmet: Für Biermann, dessen Vater Dagobert als Jude und Mitglied des kommunistischen Widerstands in Auschwitz ermordet wurde, war dies nicht erst nach seiner Ausweisung aus der DDR zentral.