Unermüdlichen Förderer der Partnerschaft: Ehrenbürger Georges Béné

Im Zuge der Feierlichkeiten für die 60jährige Städtepartnerschaft zwischen Gernsbach und Baccarat denkt man ebenfalls an die Menschen, die diese Partnerschaft begründet und mit Leben erfüllt haben. Auf französischer Seite ist dabei Georges Béné (1905-1983) zu nennen. Er war in den Anfängen und in vielen aktiven Jahren eine treibende Kraft für die Partnerschaftsidee und stellte die deutsch-französische Verbindung auf feste Füße. Daher ernannte ihn die Stadt Gernsbach 1981 zum Ehrenbürger. Seine Leistungen strahlen bis heute in die Partnerschaftsarbeit hinein.  

Trotz all der schrecklichen Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg war das Leben von Georges Béné von einem starken Versöhnungswillen geprägt. Er war fest davon überzeugt, dass nur Verständigung zu einer gegenseitigen Achtung  sowie zu einem dauerhaften Frieden führen kann. Sein Lebensweg ist bezeichnend für so manches Schicksal im deutsch-französischen Grenzgebiet.

Bereits bei der Partnerschaftsfeier in Baccarat im Mai 2024 nahm der Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach des Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach mit Cornelia Renger-Zorn, Ulrich Maximilian Schumann und Regina Meier zu Alain Béné Kontakt auf, um eine Würdigung des Vaters in Bahnen zu lenken. Dabei wurde der erstaunliche Lebenslauf des Franzosen lebendig. Das persönliche Gespräch mit Alain Béné gab ein sehr lebendiges Bild von der Erinnerung an die “Jumelage avec Baccarat“, an eine Zeit, in der die Menschen wieder lernten, über die Grenzen hinweg aufeinanderzuzugehen.

Georges Béné wurde am 19. März 1905 in Schlettstadt (Sélestat) im Elsass geboren, dort besuchte er die deutsche Schule. Nach dem Abitur 1924 absolvierte er einen zweijährigen Militärdienst und trat danach ein Studium an der Universität Nancy an. Mit seinem Abschluss als  Wirtschaftsingenieur sowie dem Diplom der Landwirtschaftsfakultät arbeitete er zunächst bei der  Motor Oil Company in Scherwiller im Elsass, bis er die Leitung einer Im- und Exportfirma in Baccarat antrat.

Im Frühjahr 1939 heiratete er und übernahm die Leitung des Familienunternehmens seiner Frau, das er beachtlich ausbaute. Seine  Frau Thérèse Berr (1910-1993) stammt aus einer jüdischen Familie. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten wurde die Ehe von beiden Familien akzeptiert.  Zu Beginn des Krieges wurde er zu der militärischen Kfz-Dienststelle der französischen Armee eingezogen. Die Kriegswirren führten ihn nach Villeneuve-sur-Lot, etwa 800 Kilometer entfernt von Baccarat, wie einige andere Familien ihrer Heimatstadt. Dort wurde 1942 Sohn Alain geboren.

Nach Kriegsende kam Georges Béné nach Baccarat zurück. Er baute das daniederliegende Familienunternehmen neu auf und engagierte sich im städtischen Leben Baccarats: Von 1959 bis 1966 war er Stadtrat und ab 1971 Bürgermeisterstellvertreter.

Seine Amtszeiten nutzte er für sein völkerverbindendes Anliegen. Im Jahr 1963/64 war er Mitbegründer der Partnerschaft Gernsbach-Baccarat unter dem Mandat des Bürgermeisters Hubert Ancel.

Seine Kenntnisse der deutschen Sprache, aber auch weil er die beiden Länder zusammenbringen wollte, damit sich die Tragödie eines Krieges nicht wiederholt, führten dazu, dass er immer in der ersten Reihe bei den Partnerschaftsaktivitäten zu finden war. Durch seine Hobbies Angeln, Jagd und Sport kamen die intensiven Kontakte zum Anglerverein und zu den Jägern Gernsbachs zustande. Auch die Begegnungen zwischen den Sportvereinen Gernsbachs und Baccarats fußen auf seinen Initiativen. In Baccarat kommt die Würdigung für sein Engagement in der Benennung der Sporthalle zum Ausdruck, wo eine Plakette an sein Wirken erinnert. Ein Höhepunkt für seinen unermüdlichen Einsatz für die Partnerschaft war die Verleihung der Ehrenbürgerwürde am 17. Oktober 1981 in Gernsbach.

1983 verstarb Georges Béné überraschend auf dem Rückweg von einem Besuch in Gernsbach. In den Kondolenzschreiben von Bürgermeister Rolf Wehrle nach Baccarat kam die Wertschätzung für den unermüdlichen Förderer der Partnerschaft zum Ausdruck: „Nicht nur Ihre Stadt verliert einen guten Bürger, auch wir werden in Zukunft auf einen großen und besonderen Freund, auf einen Granitstein unserer gegenseitigen Freundschaft verzichten müssen.“ Für Baccarat war sein Tod ebenso ein einschneidendes Ereignis. Eigentlich sollte er nach seiner Rückkehr aus Gernsbach die Verdienstmedaille der Stadt Baccarat erhalten. So hatte der Baccarater Bürgermeister die schmerzliche Pflicht, ihm dies auf seinem Totenbett zu verleihen. “Wir werden sein Werk fortsetzen, denn seine Hingabe und Toleranz bleiben für uns vorbildlich.“

Sein Sohn Alain schaut in seinen Erinnerungen zufrieden auf das Lebenswerk seines Vaters zurück: „Er wurde für sein Engagement, seine Ernsthaftigkeit, aber auch seine Fröhlichkeit geschätzt.“ Seine Familie würdigt es sehr, dass jährlich zum Todestag von Geoges Béné ein Blumengruß aus Gernsbach auf sein Grab gelegt wird.

Regina Meier

Der Artikel erschien im Gernsbacher Bote 1/2025, Erscheinungstermin: 8. April 2025

 

60 Jahre Städtepartnerschaft wurde in Baccarat gefeiert

„An Tagen wie diesen…“ – Mit diesem bekannten Liedtext kann man sicherlich die Hochstimmung bei dem 60-jährigen Partnerschaftsjubiläum Gernsbach – Baccarat einleiten. Wie bei dem bekannten Lied von den „Toten Hosen“ beschreiben diese Stunden in Baccarat, die die Aktiven aus Baccarat und die Besucherinnen und Besucher aus Gernsbach erleben durften.

Zu einer Jubiläumsfeier anlässlich des 60. Geburtstages der Städtepartnerschaft Gernsbach und Baccarat waren zahlreiche Gernsbacherinnen und Gernsbacher in die Stadt an der Meurthe aufgebrochen. Den 140 Gästen aus dem Murgtal wurde in der Kristall-Stadt ein abwechslungsreiches Programm geboten.

Die Bürgermeister der beiden Städte, Christian Gex und Julian Christ, hielten die zentralen Ansprachen bei dem Festakt in der Stadthalle, würdigten die Anfänge der Partnerschaft und betonten die lebendige Verbundenheit zwischen den Bürgerinnen und Bürger der beiden Städte. Sie blickten zurück auf das Jahr 1964, als die Bürgermeister Hubert Ancel aus Baccarat und August Müller aus Gernsbach die Städtepartnerschaft in einem gegenseitigen Vertrag begründeten. Seither gibt es einen regelmäßigen Austausch verschiedener Gruppen diesseits und jenseits des Rheins.

Aus den Händen von Julian Christ konnten Christian Gex und Yvette Coudray, stellvertretende Bürgermeisterin aus Baccarat und Vorsitzende des Partnerschaftskomitees, das Gastgeschenk aus Gernsbach in Empfang nehmen: eine hölzerne Schnitzarbeit aus der Werkstatt von Ludwig Merkel mit den beiden Stadtwappen. Jean-François Husson, Sénateur de Meurthe-et-Moselle, war eigens aus Paris angereist, um das Jubiläum zu würdigen. Er beschloss seine Rede mit einer Laudatio auf den Élysée-Vertrag von 1963, der der deutsch-französischen Freundschaft einen rechtlichen Rahmen gegeben hatte.

Aufführungen der Baccarat-Tanzgruppe sorgte für einen lebendigen Ausklang des Festaktes. Danach überreichte der Arbeitskreis Stadtgeschichte gemeinsam mit Bürgermeister Julian Christ ein Album mit historischen Fotos an den Bürgermeister von Baccarat. Aus der privaten Sammlung des ehemaligen Bürgermeisters August Müller hat der Arbeitskreis Aufnahmen aus den Jahren 1964 und 1965 ausgewählt, auf denen die Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden und die ersten gegenseitigen Besuche festgehalten sind. Das Album wurde mit einem Ausspruch von Georges Béné (1905–1983), einstiger stellvertretender Bürgermeister von Baccarat, Förderer der Städtepartnerschaft und Ehrenbürger von Gernsbach, eröffnet: „Les ponts d’homme à homme sont plus résistants que le béton” („Brücken von Mensch zu Mensch sind dauerhafter als Beton.“).

Der Festsaal der Stadthalle war liebevoll in französischen und deutschen Farben dekoriert. Ein schmackhaftes Mittagessen, geliefert von einem Restaurant aus Baccarat und serviert von ehrenamtlichen Helfern, rundete den Festakt ab.

Einzelne Gruppen aus Gernsbach absolvierten ein zusätzliches Programm, so die Sportfischer „Petri Heil“ und die Radfahrer vom Skiklub Gernsbach. Die Gruppe trifft sich seit Jahren mit den Mitgliedern V.T.T Tonic Baccarat.

Auch Künstlerinnen und Künstler aus Gernsbach bereicherten die Aktivitäten, in dem sie sich erstmals zu einer künstlerischen Aktion mit Vertretern der Baccarater Kunstszene verabredet hatten. Damit bewiesen sie, was in den Festreden jeweils betont worden war: Die Partnerschaft entwickelt sich stets weiter, immer neue Beziehungen halten die Verbindung lebendig.

Im Rathaus gab es eine Ausstellung zu der 60-jährigen Geschichte der Partnerschaft mit zahlreichen Fotos. Bereits im Foyer wurde mit einem Biedermeier-Kleid und dem Gewand eines Freischärlers die Verbindung nach Gernsbach symbolisiert. Sogar das Kostüm einer Bleichhexe wurde ausgestellt – lebensgroß mit Schurz, Perücke und Besen. Im Treppenhaus waren Zeichnungen von Schulkinder ausgestellt, die in farbenfroher Vielfalt Friedenstauben in den deutsch-französischen Staatsfarben gemalt hatten.

Das neue Kristallmuseum war für alle Besucher eine große Überraschung. Zwischen Rathaus, Kirche und Stadthalle liegt in einem historischen Gebäude die modern gestaltete Ausstellung „Baccarat Collection“. Das Kleinod wurde im Oktober 2023 eröffnet und präsentiert die Historie der Glasherstellung in Baccarat sowie die Bedeutung als weltweiter Lieferant von exzellenten Glaswaren und -kunst. Über 600 Kunstwerke, darunter exklusive Stücke aus der Parfümflaschen-Kollektion, machen die Faszination Glas sichtbar.

Eine Feuerwehrübung wurde am Nachmittag geboten, ebenso ein Konzert in der Kirche in einer gemeinsamen Aufführungen des Chors „La Guériotte“ aus Baccarat und einem Ensemble der Musikschule unter Leitung von Ulrike Merz. Außerdem wurde für die Besucherinenn und Besucher, groß und klein, eine Stadtralley geboten.

Die Gernsbacher Delegation konnte gar nicht alle Angebote der Partnergemeinde annehmen, so vielfältig war das Programm. Es blieb dennoch genügend Zeit für den persönlichen Austausch, so dass die Zeit bis zur Abfahrt der Busse wieder Richtung Gernsbach wie im Flug vorrüberging.

Es war ein ereignisreicher Tag mit viel Rückblicken in die Vergangenheit, aber auch vielen neuen Begegnungen, die die Partnerschaft lebendig halten. Wir freuen uns schon auf den Gegenbesuch im kommenden Jahr.

Regina Meier

Der Artikel erschien im Gernsbacher Boten 2/2024, Juni 2024