Französische Spuren in Gernsbach

Zum Tag des offenen Denkmals 2025 hat sich der Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach etwas Besonderes einfallen lassen. Aus Anlass des 60-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft mit Baccarat stand in diesem Jahr nicht ein einzelnes Bauwerk im Mittelpunkt, sondern wurde in einem Rundgang durch Gernsbach wurde den französischen Spuren in der Stadt nachgegangen.

Diese kann man vom Gernsbacher Rathaus, über den Marktplatz mit dem historischen Goldenen Bock und dem Alten Rathaus, über den Wolkensteinschen Hof und Stadthalle bis zum Georges Béné-Platz verfolgen.

Gernsbach erhielt 1998 die Ehrenplakette des Europarats. Foto: Regina Meier

Beginnt man den Rundgang beim Gernsbacher Rathaus, entdeckt man dort wichtige Urkunden zur deutsch-französischen Freundschaft und Partnerschaft zu Baccarat. Dort befinden sich nämlich die Originale der Urkunden aus dem Jahr 1964, in denen die Gemeinschaft begründet wurde. Mit den Unterschriften der beiden Bürgermeister Hubert Ancel und August Müller verpflichteten sich beide Städte „dauernde Verbindungen zwischen den Stadtbehörden aufrecht zu erhalten, auf allen Gebieten den Austausch zwischen ihren Einwohnern zu begünstigen, um durch ein besseres, gegenseitiges Verstehen den lebendigen Geist der europäischen Brüderlichkeit zu fördern.“  Diese Vereinbarung wurde 1965 in Baccarat von den beiden Bürgermeistern Dr. Jean Marie Fève und August Müller bekräftigt.

Gleich daneben findet sich ein weiteres Symbol für die Verbundenheit mit Frankreich und eine Würdigung der partnerschaftlichen Beziehungen. 1998 wurde die Stadt Gernsbach mit der Ehrenplakette des Europarates für vorbildliche Partnerschaftsarbeit ausgezeichnet. Dies geschah als Anerkennung und Würdigung für die herausragenden Leistungen der Stadt zur Förderung des europäischen Gedankens. Die Ehrenplakette wird nur selten vergeben: seit 1955 erhielten lediglich rund 250 Städte und Gemeinden aus Ländern der EU diese Auszeichnung.

Der französische Dichter und Schriftsteller Victor Hugo machte 1840 Station im „Goldenen Bock“. Foto: Regina Meier

Einen Sprung zurück in die Geschichte wird bei der nächsten Station der französischen Beziehungen gemacht. 1840 logierte Schriftsteller Victor Hugo in Gernsbach. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits eine Berühmtheit, denn sein Erfolgsroman „Der Glöckner von Notre Dame“ war 1831 erschienen. Zwischen 1838 und 1840 unternahm Hugo drei Reisen entlang des Rheins und dabei machte er einen Stopp in Gernsbach. Seine Reiseschilderungen veröffentlichte er 1841 (dt. 1842) in dem Werk „Der Rhein. Briefe an einen Freund“. In einer spannenden Recherche gelang es dem Gernsbachr Stadtarchivar Winfried Wolf, vor knapp 20 Jahren, eine Notiz aus dem Reisetagebuch von Victor Hugo zu finden und diese genau in dem Gasthaus „Zum Goldenen Bock“ am Marktplatz zu verorten. Hugo schrieb: “Am Ausgang des Murgtals liegt Gernsbach, eine hübsche kleine Stadt zwischen Bäumen und Felsen. Ein Schloss als Ruine, reizende Brunnen aus dem 15. Jahrhundert und ein hübsches Gebäude aus der Renaissance mit Giebeln und Türmchen in Rot.”

Etwas versteckt im Eckbalken findet sich das Emblem des Gasthauses „Goldener Bocke“. Foto: Regina Meier

Zweifelsfrei handelt es sich bei dem „Gebäude aus der Renaissance mit Giebeln und Türmchen in Rot“ um das Alte Rathaus, das ja genau gegenüber seiner Unterkunft gelegen ist. Insgesamt dauerte der Aufenthalt Victor Hugos eine Nacht. Er bezog Quartier in dem von ihm so genannten „Hotel Post“, wobei es sich um das „Gasthaus zum Goldenen Bock“ handelte (damals war dort  das Postamt untergebracht). Victor Hugo hielt an jenem 24. Oktober 1840 den Übernachtungspreis sowie seine Reiseroute fest. Er war von Rastatt mit dem Postwagen gekommen. Der Postwagen kam vom Färbertor her – das auch „Rastatter Tor“ hieß in die Altstadt und machte direkt vor der Poststation Halt. Am nächsten Morgen fuhr er schon wieder weiter, aber immerhin war ihm dieser Aufenthalt ein paar Zeilen wert. 

Das Plakat des Altstadtfestes stammt aus einer französischen Publikation aus dem Jahr 1858. Quelle: LABW_-_Generallandesarchiv_Karlsruhe_J-B_Baden_(Land)_24_-43

Das Alte Rathaus hat wohl keine französischen Wurzeln, es wird allerdings aus einem anderen Grund in diesen Rundgang aufgenommen. Seit vielen Jahren ist ein Stich des Alten Rathauses Motiv für das Plakat des Altstadtfestes und somit wohl allen in Gernsbach wohlbekannt. Er gehört der Publikation „Bade & ses environs, dessinés d’aprés nature par Jules Coignet avec des notices par Amédée Achard, Paris 1858“ (Baden und seine Umgebungen) und stammt von Léon Jean-Baptist Sabatier, einem französischen Landschafts- und Architekturmaler. In dem Werk sind mehrere Ansichten aus Baden-Baden wie auch von Schloss Favorite, Rotenfels, Gernsbach und Forbach enthalten. Somit hat ein französischer Stich das Gernsbacher Wahrzeichen attraktiv in Szene gesetzt.

Im ehemaligen Forstamt Kaltenbronn waren während der Besatzungszeit französische Soldaten untergebracht. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

Der nächste Halt vor dem ehemaligen Wolkensteinschen Hof geht aus einen anderen Themenbereich hervor, der ebenfalls französische Spuren in Gernsbach hinterlassen hat. Von dort ist eines der wenigen Fotos überliefert, die während der Besatzungszeit der Franzosen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden sind. Verschiedenen privaten Aufzeichnungen kann man entnehmen, dass die ersten Soldaten, die die Gemeinde besetzten, freundlich und zuvorkommend waren. Frida Bohnert, die in der Weinbergstraße wohnte, hält für Freitag, den 13. April 1945, beispielsweise fest: „Heute früh 1/2 9 kamen 2 Franzosen mit vorgehalt. Revolver zur Hausdurchsuchung, waren sehr anständig.“ Der katholische Pfarrer Ernst Bernauer schreibt in seinem Bericht: „Pfarrer und Pfarrhaus wurden in keiner Weise belästigt, am 12. April kam ein französischer Leutnant ins Pfarrhaus, begrüßte den Pfarrer und alle Pfarrhausbewohner (damals 9 Personen) und fragte: ‚Na, wie geht’s, Herr Pfarrer?‘ Ebenso waren die Schwestern und das Schwesternhaus in keiner Weise Belästigungen ausgesetzt.“ Erst beim Durchmarsch der nachfolgenden Truppen begann eine harte Zeit für die Bevölkerung. Aus jenen Tagen sind Misshandlungen und Vergewaltigungen, wie auch Plünderungen überliefert.  

Im ehemaligen Forstamt Kaltenbronn waren während der Besatzungszeit französische Soldaten untergebracht. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

Die Franzosen beschlagnahmten für ihre Soldaten und Verwaltung mehrere Gebäude. Der General wohnte in der Villa Felix Hoesch. Vom 1. August 1945 residierte dort General Bouquae. Die Gendamerie Française war im „Wilden Mann“ in der Bleichstraße. Der Platzkommandant bezog das Kornhaus als Kommandantur. Im Alten Rathaus lagen französische Mannschaften, ebenso war die Villa beim Scheuerner Übergang requiriert. „Ebenso wurden das obere Forstamtsgebäude und das gegenüberliegende Amtsgerichts- und Notariatsgebäude für die französischen Besatzungstruppen beschlagnahmt“, berichtet ein Chronist später in der Tageszeitung. Im Haus in der Badner Straße 2 waren zwei Offiziere mit ihren Familien untergebracht, die ihr Domizil liebevoll „Le Petit Chateau“ nannten. Daraus ergaben sich später Kontakte. So knüpfte ein Franzose, der als Kind mit seiner Familie in der Nachkriegszeit dort gelebt hatte, Kontakt zu den heutigen Bewohnern und erfüllte sich zu seinem 80. Geburtstag den Wunsch, das Haus mal wieder zu besuchen. Er erinnerte sich gerne an die Kindheit in Gernsbach, wenn auch die äußeren Umstände nicht einfach gewesen waren.

Ein Glasbild vor der Stadthalle macht auf die Städtepartnerschaft zwischen Baccarat und Gernsbach aufmerksam. Foto: Regina Meier

Der Rundgang „auf den französischen Spuren durch Gernsbach“ führt weiter an die Stadthalle. Dort findet sich ein Glasbild aus Baccarat als ein Symbol für die Partnerschaft zu der französischen Stadt.  Mit den Silhouetten des Storchenturms sowie der Baccarater Kirche werden zwei herausragende Bauwerke der jeweiligen Stadt in farbigem Glas dargestellt. Ein zweites Exemplar dieses Werkes steht im Park beim Rathaus in Baccarat.

Weiter geht’s auf dem Rundgang hinunter die Waldbachstraße. Dort findet sich bei dem kleinen Wasserfall eine Gedenkplatte zu Ehren von Georges Béné (1905-1983) aus Baccarat. Er war einer der Wegbereiter der Städtepartnerschaft zwischen Baccarat und Gernsbach. Er förderte in politischen und gesellschaftlichen Ämtern den erfolgreichen Start der Freundschaft über den Rhein hinweg und erhielt 1981 die Ehrenbürgerwürde Gernsbachs.

Ein Zeugnis der Deutsch-Französischen Freundschaft findet sich in der Waldbachstraße: Die Gedenktafel für den Ehrenbürger aus Baccarat Georges Béné. Foto: Regina Meier

Zum 30jährigen Jubiläum der Partnerschaft enthüllten die Bürgermeister Dieter Knittel und Dr. Jean-Marie Fève im Beisein zahlreicher Besucherinnen und Besucher aus Baccarat die Gedenktafel an dem Waldbach. Fast genau 15 Jahre, nachdem mit Georges Béné der erste Ausländer die Ehrenbürgerschaft erhalten hatte, würdigte die Stadt Gernsbach den Förderer der Partnerschaft mit diesem Denkmal.

Anlässlich des Tags des offenen Denkmals In einer Ausstellung in den Zehntscheuern werden diese spannenden deutsch-französischen Verbindungen mit Fotos und Texten präsentiert. Auch während des Altstadtfestes 2025 kann man sie sehen. Damit werden die Veranstaltungen zur 60jährigen Städtepartnerschaft zwischen Baccarat und Gernsbach um eine weiteren Attraktion bereichert.

Regina Meier

 

Der Artikel erscheint im Gernsbacher Bote 3/2025, Erscheinungstermin: 2. September 2025

Unermüdlichen Förderer der Partnerschaft: Ehrenbürger Georges Béné

Im Zuge der Feierlichkeiten für die 60jährige Städtepartnerschaft zwischen Gernsbach und Baccarat denkt man ebenfalls an die Menschen, die diese Partnerschaft begründet und mit Leben erfüllt haben. Auf französischer Seite ist dabei Georges Béné (1905-1983) zu nennen. Er war in den Anfängen und in vielen aktiven Jahren eine treibende Kraft für die Partnerschaftsidee und stellte die deutsch-französische Verbindung auf feste Füße. Daher ernannte ihn die Stadt Gernsbach 1981 zum Ehrenbürger. Seine Leistungen strahlen bis heute in die Partnerschaftsarbeit hinein.  

Trotz all der schrecklichen Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg war das Leben von Georges Béné von einem starken Versöhnungswillen geprägt. Er war fest davon überzeugt, dass nur Verständigung zu einer gegenseitigen Achtung  sowie zu einem dauerhaften Frieden führen kann. Sein Lebensweg ist bezeichnend für so manches Schicksal im deutsch-französischen Grenzgebiet.

Bereits bei der Partnerschaftsfeier in Baccarat im Mai 2024 nahm der Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach des Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach mit Cornelia Renger-Zorn, Ulrich Maximilian Schumann und Regina Meier zu Alain Béné Kontakt auf, um eine Würdigung des Vaters in Bahnen zu lenken. Dabei wurde der erstaunliche Lebenslauf des Franzosen lebendig. Das persönliche Gespräch mit Alain Béné gab ein sehr lebendiges Bild von der Erinnerung an die “Jumelage avec Baccarat“, an eine Zeit, in der die Menschen wieder lernten, über die Grenzen hinweg aufeinanderzuzugehen.

Georges Béné wurde am 19. März 1905 in Schlettstadt (Sélestat) im Elsass geboren, dort besuchte er die deutsche Schule. Nach dem Abitur 1924 absolvierte er einen zweijährigen Militärdienst und trat danach ein Studium an der Universität Nancy an. Mit seinem Abschluss als  Wirtschaftsingenieur sowie dem Diplom der Landwirtschaftsfakultät arbeitete er zunächst bei der  Motor Oil Company in Scherwiller im Elsass, bis er die Leitung einer Im- und Exportfirma in Baccarat antrat.

Im Frühjahr 1939 heiratete er und übernahm die Leitung des Familienunternehmens seiner Frau, das er beachtlich ausbaute. Seine  Frau Thérèse Berr (1910-1993) stammt aus einer jüdischen Familie. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten wurde die Ehe von beiden Familien akzeptiert.  Zu Beginn des Krieges wurde er zu der militärischen Kfz-Dienststelle der französischen Armee eingezogen. Die Kriegswirren führten ihn nach Villeneuve-sur-Lot, etwa 800 Kilometer entfernt von Baccarat, wie einige andere Familien ihrer Heimatstadt. Dort wurde 1942 Sohn Alain geboren.

Nach Kriegsende kam Georges Béné nach Baccarat zurück. Er baute das daniederliegende Familienunternehmen neu auf und engagierte sich im städtischen Leben Baccarats: Von 1959 bis 1966 war er Stadtrat und ab 1971 Bürgermeisterstellvertreter.

Seine Amtszeiten nutzte er für sein völkerverbindendes Anliegen. Im Jahr 1963/64 war er Mitbegründer der Partnerschaft Gernsbach-Baccarat unter dem Mandat des Bürgermeisters Hubert Ancel.

Seine Kenntnisse der deutschen Sprache, aber auch weil er die beiden Länder zusammenbringen wollte, damit sich die Tragödie eines Krieges nicht wiederholt, führten dazu, dass er immer in der ersten Reihe bei den Partnerschaftsaktivitäten zu finden war. Durch seine Hobbies Angeln, Jagd und Sport kamen die intensiven Kontakte zum Anglerverein und zu den Jägern Gernsbachs zustande. Auch die Begegnungen zwischen den Sportvereinen Gernsbachs und Baccarats fußen auf seinen Initiativen. In Baccarat kommt die Würdigung für sein Engagement in der Benennung der Sporthalle zum Ausdruck, wo eine Plakette an sein Wirken erinnert. Ein Höhepunkt für seinen unermüdlichen Einsatz für die Partnerschaft war die Verleihung der Ehrenbürgerwürde am 17. Oktober 1981 in Gernsbach.

1983 verstarb Georges Béné überraschend auf dem Rückweg von einem Besuch in Gernsbach. In den Kondolenzschreiben von Bürgermeister Rolf Wehrle nach Baccarat kam die Wertschätzung für den unermüdlichen Förderer der Partnerschaft zum Ausdruck: „Nicht nur Ihre Stadt verliert einen guten Bürger, auch wir werden in Zukunft auf einen großen und besonderen Freund, auf einen Granitstein unserer gegenseitigen Freundschaft verzichten müssen.“ Für Baccarat war sein Tod ebenso ein einschneidendes Ereignis. Eigentlich sollte er nach seiner Rückkehr aus Gernsbach die Verdienstmedaille der Stadt Baccarat erhalten. So hatte der Baccarater Bürgermeister die schmerzliche Pflicht, ihm dies auf seinem Totenbett zu verleihen. “Wir werden sein Werk fortsetzen, denn seine Hingabe und Toleranz bleiben für uns vorbildlich.“

Sein Sohn Alain schaut in seinen Erinnerungen zufrieden auf das Lebenswerk seines Vaters zurück: „Er wurde für sein Engagement, seine Ernsthaftigkeit, aber auch seine Fröhlichkeit geschätzt.“ Seine Familie würdigt es sehr, dass jährlich zum Todestag von Geoges Béné ein Blumengruß aus Gernsbach auf sein Grab gelegt wird.

Regina Meier

Der Artikel erschien im Gernsbacher Bote 1/2025, Erscheinungstermin: 8. April 2025

 

60 Jahre Städtepartnerschaft wurde in Baccarat gefeiert

„An Tagen wie diesen…“ – Mit diesem bekannten Liedtext kann man sicherlich die Hochstimmung bei dem 60-jährigen Partnerschaftsjubiläum Gernsbach – Baccarat einleiten. Wie bei dem bekannten Lied von den „Toten Hosen“ beschreiben diese Stunden in Baccarat, die die Aktiven aus Baccarat und die Besucherinnen und Besucher aus Gernsbach erleben durften.

Zu einer Jubiläumsfeier anlässlich des 60. Geburtstages der Städtepartnerschaft Gernsbach und Baccarat waren zahlreiche Gernsbacherinnen und Gernsbacher in die Stadt an der Meurthe aufgebrochen. Den 140 Gästen aus dem Murgtal wurde in der Kristall-Stadt ein abwechslungsreiches Programm geboten.

Die Bürgermeister der beiden Städte, Christian Gex und Julian Christ, hielten die zentralen Ansprachen bei dem Festakt in der Stadthalle, würdigten die Anfänge der Partnerschaft und betonten die lebendige Verbundenheit zwischen den Bürgerinnen und Bürger der beiden Städte. Sie blickten zurück auf das Jahr 1964, als die Bürgermeister Hubert Ancel aus Baccarat und August Müller aus Gernsbach die Städtepartnerschaft in einem gegenseitigen Vertrag begründeten. Seither gibt es einen regelmäßigen Austausch verschiedener Gruppen diesseits und jenseits des Rheins.

Aus den Händen von Julian Christ konnten Christian Gex und Yvette Coudray, stellvertretende Bürgermeisterin aus Baccarat und Vorsitzende des Partnerschaftskomitees, das Gastgeschenk aus Gernsbach in Empfang nehmen: eine hölzerne Schnitzarbeit aus der Werkstatt von Ludwig Merkel mit den beiden Stadtwappen. Jean-François Husson, Sénateur de Meurthe-et-Moselle, war eigens aus Paris angereist, um das Jubiläum zu würdigen. Er beschloss seine Rede mit einer Laudatio auf den Élysée-Vertrag von 1963, der der deutsch-französischen Freundschaft einen rechtlichen Rahmen gegeben hatte.

Aufführungen der Baccarat-Tanzgruppe sorgte für einen lebendigen Ausklang des Festaktes. Danach überreichte der Arbeitskreis Stadtgeschichte gemeinsam mit Bürgermeister Julian Christ ein Album mit historischen Fotos an den Bürgermeister von Baccarat. Aus der privaten Sammlung des ehemaligen Bürgermeisters August Müller hat der Arbeitskreis Aufnahmen aus den Jahren 1964 und 1965 ausgewählt, auf denen die Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden und die ersten gegenseitigen Besuche festgehalten sind. Das Album wurde mit einem Ausspruch von Georges Béné (1905–1983), einstiger stellvertretender Bürgermeister von Baccarat, Förderer der Städtepartnerschaft und Ehrenbürger von Gernsbach, eröffnet: „Les ponts d’homme à homme sont plus résistants que le béton” („Brücken von Mensch zu Mensch sind dauerhafter als Beton.“).

Der Festsaal der Stadthalle war liebevoll in französischen und deutschen Farben dekoriert. Ein schmackhaftes Mittagessen, geliefert von einem Restaurant aus Baccarat und serviert von ehrenamtlichen Helfern, rundete den Festakt ab.

Einzelne Gruppen aus Gernsbach absolvierten ein zusätzliches Programm, so die Sportfischer „Petri Heil“ und die Radfahrer vom Skiklub Gernsbach. Die Gruppe trifft sich seit Jahren mit den Mitgliedern V.T.T Tonic Baccarat.

Auch Künstlerinnen und Künstler aus Gernsbach bereicherten die Aktivitäten, in dem sie sich erstmals zu einer künstlerischen Aktion mit Vertretern der Baccarater Kunstszene verabredet hatten. Damit bewiesen sie, was in den Festreden jeweils betont worden war: Die Partnerschaft entwickelt sich stets weiter, immer neue Beziehungen halten die Verbindung lebendig.

Im Rathaus gab es eine Ausstellung zu der 60-jährigen Geschichte der Partnerschaft mit zahlreichen Fotos. Bereits im Foyer wurde mit einem Biedermeier-Kleid und dem Gewand eines Freischärlers die Verbindung nach Gernsbach symbolisiert. Sogar das Kostüm einer Bleichhexe wurde ausgestellt – lebensgroß mit Schurz, Perücke und Besen. Im Treppenhaus waren Zeichnungen von Schulkinder ausgestellt, die in farbenfroher Vielfalt Friedenstauben in den deutsch-französischen Staatsfarben gemalt hatten.

Das neue Kristallmuseum war für alle Besucher eine große Überraschung. Zwischen Rathaus, Kirche und Stadthalle liegt in einem historischen Gebäude die modern gestaltete Ausstellung „Baccarat Collection“. Das Kleinod wurde im Oktober 2023 eröffnet und präsentiert die Historie der Glasherstellung in Baccarat sowie die Bedeutung als weltweiter Lieferant von exzellenten Glaswaren und -kunst. Über 600 Kunstwerke, darunter exklusive Stücke aus der Parfümflaschen-Kollektion, machen die Faszination Glas sichtbar.

Eine Feuerwehrübung wurde am Nachmittag geboten, ebenso ein Konzert in der Kirche in einer gemeinsamen Aufführungen des Chors „La Guériotte“ aus Baccarat und einem Ensemble der Musikschule unter Leitung von Ulrike Merz. Außerdem wurde für die Besucherinenn und Besucher, groß und klein, eine Stadtralley geboten.

Die Gernsbacher Delegation konnte gar nicht alle Angebote der Partnergemeinde annehmen, so vielfältig war das Programm. Es blieb dennoch genügend Zeit für den persönlichen Austausch, so dass die Zeit bis zur Abfahrt der Busse wieder Richtung Gernsbach wie im Flug vorrüberging.

Es war ein ereignisreicher Tag mit viel Rückblicken in die Vergangenheit, aber auch vielen neuen Begegnungen, die die Partnerschaft lebendig halten. Wir freuen uns schon auf den Gegenbesuch im kommenden Jahr.

Regina Meier

Der Artikel erschien im Gernsbacher Boten 2/2024, Juni 2024