Französische Spuren in Gernsbach

Zum Tag des offenen Denkmals 2025 hat sich der Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach etwas Besonderes einfallen lassen. Aus Anlass des 60-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft mit Baccarat stand in diesem Jahr nicht ein einzelnes Bauwerk im Mittelpunkt, sondern wurde in einem Rundgang durch Gernsbach wurde den französischen Spuren in der Stadt nachgegangen.

Diese kann man vom Gernsbacher Rathaus, über den Marktplatz mit dem historischen Goldenen Bock und dem Alten Rathaus, über den Wolkensteinschen Hof und Stadthalle bis zum Georges Béné-Platz verfolgen.

Gernsbach erhielt 1998 die Ehrenplakette des Europarats. Foto: Regina Meier

Beginnt man den Rundgang beim Gernsbacher Rathaus, entdeckt man dort wichtige Urkunden zur deutsch-französischen Freundschaft und Partnerschaft zu Baccarat. Dort befinden sich nämlich die Originale der Urkunden aus dem Jahr 1964, in denen die Gemeinschaft begründet wurde. Mit den Unterschriften der beiden Bürgermeister Hubert Ancel und August Müller verpflichteten sich beide Städte „dauernde Verbindungen zwischen den Stadtbehörden aufrecht zu erhalten, auf allen Gebieten den Austausch zwischen ihren Einwohnern zu begünstigen, um durch ein besseres, gegenseitiges Verstehen den lebendigen Geist der europäischen Brüderlichkeit zu fördern.“  Diese Vereinbarung wurde 1965 in Baccarat von den beiden Bürgermeistern Dr. Jean Marie Fève und August Müller bekräftigt.

Gleich daneben findet sich ein weiteres Symbol für die Verbundenheit mit Frankreich und eine Würdigung der partnerschaftlichen Beziehungen. 1998 wurde die Stadt Gernsbach mit der Ehrenplakette des Europarates für vorbildliche Partnerschaftsarbeit ausgezeichnet. Dies geschah als Anerkennung und Würdigung für die herausragenden Leistungen der Stadt zur Förderung des europäischen Gedankens. Die Ehrenplakette wird nur selten vergeben: seit 1955 erhielten lediglich rund 250 Städte und Gemeinden aus Ländern der EU diese Auszeichnung.

Der französische Dichter und Schriftsteller Victor Hugo machte 1840 Station im „Goldenen Bock“. Foto: Regina Meier

Einen Sprung zurück in die Geschichte wird bei der nächsten Station der französischen Beziehungen gemacht. 1840 logierte Schriftsteller Victor Hugo in Gernsbach. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits eine Berühmtheit, denn sein Erfolgsroman „Der Glöckner von Notre Dame“ war 1831 erschienen. Zwischen 1838 und 1840 unternahm Hugo drei Reisen entlang des Rheins und dabei machte er einen Stopp in Gernsbach. Seine Reiseschilderungen veröffentlichte er 1841 (dt. 1842) in dem Werk „Der Rhein. Briefe an einen Freund“. In einer spannenden Recherche gelang es dem Gernsbachr Stadtarchivar Winfried Wolf, vor knapp 20 Jahren, eine Notiz aus dem Reisetagebuch von Victor Hugo zu finden und diese genau in dem Gasthaus „Zum Goldenen Bock“ am Marktplatz zu verorten. Hugo schrieb: “Am Ausgang des Murgtals liegt Gernsbach, eine hübsche kleine Stadt zwischen Bäumen und Felsen. Ein Schloss als Ruine, reizende Brunnen aus dem 15. Jahrhundert und ein hübsches Gebäude aus der Renaissance mit Giebeln und Türmchen in Rot.”

Etwas versteckt im Eckbalken findet sich das Emblem des Gasthauses „Goldener Bocke“. Foto: Regina Meier

Zweifelsfrei handelt es sich bei dem „Gebäude aus der Renaissance mit Giebeln und Türmchen in Rot“ um das Alte Rathaus, das ja genau gegenüber seiner Unterkunft gelegen ist. Insgesamt dauerte der Aufenthalt Victor Hugos eine Nacht. Er bezog Quartier in dem von ihm so genannten „Hotel Post“, wobei es sich um das „Gasthaus zum Goldenen Bock“ handelte (damals war dort  das Postamt untergebracht). Victor Hugo hielt an jenem 24. Oktober 1840 den Übernachtungspreis sowie seine Reiseroute fest. Er war von Rastatt mit dem Postwagen gekommen. Der Postwagen kam vom Färbertor her – das auch „Rastatter Tor“ hieß in die Altstadt und machte direkt vor der Poststation Halt. Am nächsten Morgen fuhr er schon wieder weiter, aber immerhin war ihm dieser Aufenthalt ein paar Zeilen wert. 

Das Plakat des Altstadtfestes stammt aus einer französischen Publikation aus dem Jahr 1858. Quelle: LABW_-_Generallandesarchiv_Karlsruhe_J-B_Baden_(Land)_24_-43

Das Alte Rathaus hat wohl keine französischen Wurzeln, es wird allerdings aus einem anderen Grund in diesen Rundgang aufgenommen. Seit vielen Jahren ist ein Stich des Alten Rathauses Motiv für das Plakat des Altstadtfestes und somit wohl allen in Gernsbach wohlbekannt. Er gehört der Publikation „Bade & ses environs, dessinés d’aprés nature par Jules Coignet avec des notices par Amédée Achard, Paris 1858“ (Baden und seine Umgebungen) und stammt von Léon Jean-Baptist Sabatier, einem französischen Landschafts- und Architekturmaler. In dem Werk sind mehrere Ansichten aus Baden-Baden wie auch von Schloss Favorite, Rotenfels, Gernsbach und Forbach enthalten. Somit hat ein französischer Stich das Gernsbacher Wahrzeichen attraktiv in Szene gesetzt.

Im ehemaligen Forstamt Kaltenbronn waren während der Besatzungszeit französische Soldaten untergebracht. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

Der nächste Halt vor dem ehemaligen Wolkensteinschen Hof geht aus einen anderen Themenbereich hervor, der ebenfalls französische Spuren in Gernsbach hinterlassen hat. Von dort ist eines der wenigen Fotos überliefert, die während der Besatzungszeit der Franzosen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden sind. Verschiedenen privaten Aufzeichnungen kann man entnehmen, dass die ersten Soldaten, die die Gemeinde besetzten, freundlich und zuvorkommend waren. Frida Bohnert, die in der Weinbergstraße wohnte, hält für Freitag, den 13. April 1945, beispielsweise fest: „Heute früh 1/2 9 kamen 2 Franzosen mit vorgehalt. Revolver zur Hausdurchsuchung, waren sehr anständig.“ Der katholische Pfarrer Ernst Bernauer schreibt in seinem Bericht: „Pfarrer und Pfarrhaus wurden in keiner Weise belästigt, am 12. April kam ein französischer Leutnant ins Pfarrhaus, begrüßte den Pfarrer und alle Pfarrhausbewohner (damals 9 Personen) und fragte: ‚Na, wie geht’s, Herr Pfarrer?‘ Ebenso waren die Schwestern und das Schwesternhaus in keiner Weise Belästigungen ausgesetzt.“ Erst beim Durchmarsch der nachfolgenden Truppen begann eine harte Zeit für die Bevölkerung. Aus jenen Tagen sind Misshandlungen und Vergewaltigungen, wie auch Plünderungen überliefert.  

Im ehemaligen Forstamt Kaltenbronn waren während der Besatzungszeit französische Soldaten untergebracht. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

Die Franzosen beschlagnahmten für ihre Soldaten und Verwaltung mehrere Gebäude. Der General wohnte in der Villa Felix Hoesch. Vom 1. August 1945 residierte dort General Bouquae. Die Gendamerie Française war im „Wilden Mann“ in der Bleichstraße. Der Platzkommandant bezog das Kornhaus als Kommandantur. Im Alten Rathaus lagen französische Mannschaften, ebenso war die Villa beim Scheuerner Übergang requiriert. „Ebenso wurden das obere Forstamtsgebäude und das gegenüberliegende Amtsgerichts- und Notariatsgebäude für die französischen Besatzungstruppen beschlagnahmt“, berichtet ein Chronist später in der Tageszeitung. Im Haus in der Badner Straße 2 waren zwei Offiziere mit ihren Familien untergebracht, die ihr Domizil liebevoll „Le Petit Chateau“ nannten. Daraus ergaben sich später Kontakte. So knüpfte ein Franzose, der als Kind mit seiner Familie in der Nachkriegszeit dort gelebt hatte, Kontakt zu den heutigen Bewohnern und erfüllte sich zu seinem 80. Geburtstag den Wunsch, das Haus mal wieder zu besuchen. Er erinnerte sich gerne an die Kindheit in Gernsbach, wenn auch die äußeren Umstände nicht einfach gewesen waren.

Ein Glasbild vor der Stadthalle macht auf die Städtepartnerschaft zwischen Baccarat und Gernsbach aufmerksam. Foto: Regina Meier

Der Rundgang „auf den französischen Spuren durch Gernsbach“ führt weiter an die Stadthalle. Dort findet sich ein Glasbild aus Baccarat als ein Symbol für die Partnerschaft zu der französischen Stadt.  Mit den Silhouetten des Storchenturms sowie der Baccarater Kirche werden zwei herausragende Bauwerke der jeweiligen Stadt in farbigem Glas dargestellt. Ein zweites Exemplar dieses Werkes steht im Park beim Rathaus in Baccarat.

Weiter geht’s auf dem Rundgang hinunter die Waldbachstraße. Dort findet sich bei dem kleinen Wasserfall eine Gedenkplatte zu Ehren von Georges Béné (1905-1983) aus Baccarat. Er war einer der Wegbereiter der Städtepartnerschaft zwischen Baccarat und Gernsbach. Er förderte in politischen und gesellschaftlichen Ämtern den erfolgreichen Start der Freundschaft über den Rhein hinweg und erhielt 1981 die Ehrenbürgerwürde Gernsbachs.

Ein Zeugnis der Deutsch-Französischen Freundschaft findet sich in der Waldbachstraße: Die Gedenktafel für den Ehrenbürger aus Baccarat Georges Béné. Foto: Regina Meier

Zum 30jährigen Jubiläum der Partnerschaft enthüllten die Bürgermeister Dieter Knittel und Dr. Jean-Marie Fève im Beisein zahlreicher Besucherinnen und Besucher aus Baccarat die Gedenktafel an dem Waldbach. Fast genau 15 Jahre, nachdem mit Georges Béné der erste Ausländer die Ehrenbürgerschaft erhalten hatte, würdigte die Stadt Gernsbach den Förderer der Partnerschaft mit diesem Denkmal.

Anlässlich des Tags des offenen Denkmals In einer Ausstellung in den Zehntscheuern werden diese spannenden deutsch-französischen Verbindungen mit Fotos und Texten präsentiert. Auch während des Altstadtfestes 2025 kann man sie sehen. Damit werden die Veranstaltungen zur 60jährigen Städtepartnerschaft zwischen Baccarat und Gernsbach um eine weiteren Attraktion bereichert.

Regina Meier

 

Der Artikel erscheint im Gernsbacher Bote 3/2025, Erscheinungstermin: 2. September 2025

Unermüdlichen Förderer der Partnerschaft: Ehrenbürger Georges Béné

Im Zuge der Feierlichkeiten für die 60jährige Städtepartnerschaft zwischen Gernsbach und Baccarat denkt man ebenfalls an die Menschen, die diese Partnerschaft begründet und mit Leben erfüllt haben. Auf französischer Seite ist dabei Georges Béné (1905-1983) zu nennen. Er war in den Anfängen und in vielen aktiven Jahren eine treibende Kraft für die Partnerschaftsidee und stellte die deutsch-französische Verbindung auf feste Füße. Daher ernannte ihn die Stadt Gernsbach 1981 zum Ehrenbürger. Seine Leistungen strahlen bis heute in die Partnerschaftsarbeit hinein.  

Trotz all der schrecklichen Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg war das Leben von Georges Béné von einem starken Versöhnungswillen geprägt. Er war fest davon überzeugt, dass nur Verständigung zu einer gegenseitigen Achtung  sowie zu einem dauerhaften Frieden führen kann. Sein Lebensweg ist bezeichnend für so manches Schicksal im deutsch-französischen Grenzgebiet.

Bereits bei der Partnerschaftsfeier in Baccarat im Mai 2024 nahm der Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach des Arbeitskreis Stadtgeschichte Gernsbach mit Cornelia Renger-Zorn, Ulrich Maximilian Schumann und Regina Meier zu Alain Béné Kontakt auf, um eine Würdigung des Vaters in Bahnen zu lenken. Dabei wurde der erstaunliche Lebenslauf des Franzosen lebendig. Das persönliche Gespräch mit Alain Béné gab ein sehr lebendiges Bild von der Erinnerung an die “Jumelage avec Baccarat“, an eine Zeit, in der die Menschen wieder lernten, über die Grenzen hinweg aufeinanderzuzugehen.

Georges Béné wurde am 19. März 1905 in Schlettstadt (Sélestat) im Elsass geboren, dort besuchte er die deutsche Schule. Nach dem Abitur 1924 absolvierte er einen zweijährigen Militärdienst und trat danach ein Studium an der Universität Nancy an. Mit seinem Abschluss als  Wirtschaftsingenieur sowie dem Diplom der Landwirtschaftsfakultät arbeitete er zunächst bei der  Motor Oil Company in Scherwiller im Elsass, bis er die Leitung einer Im- und Exportfirma in Baccarat antrat.

Im Frühjahr 1939 heiratete er und übernahm die Leitung des Familienunternehmens seiner Frau, das er beachtlich ausbaute. Seine  Frau Thérèse Berr (1910-1993) stammt aus einer jüdischen Familie. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten wurde die Ehe von beiden Familien akzeptiert.  Zu Beginn des Krieges wurde er zu der militärischen Kfz-Dienststelle der französischen Armee eingezogen. Die Kriegswirren führten ihn nach Villeneuve-sur-Lot, etwa 800 Kilometer entfernt von Baccarat, wie einige andere Familien ihrer Heimatstadt. Dort wurde 1942 Sohn Alain geboren.

Nach Kriegsende kam Georges Béné nach Baccarat zurück. Er baute das daniederliegende Familienunternehmen neu auf und engagierte sich im städtischen Leben Baccarats: Von 1959 bis 1966 war er Stadtrat und ab 1971 Bürgermeisterstellvertreter.

Seine Amtszeiten nutzte er für sein völkerverbindendes Anliegen. Im Jahr 1963/64 war er Mitbegründer der Partnerschaft Gernsbach-Baccarat unter dem Mandat des Bürgermeisters Hubert Ancel.

Seine Kenntnisse der deutschen Sprache, aber auch weil er die beiden Länder zusammenbringen wollte, damit sich die Tragödie eines Krieges nicht wiederholt, führten dazu, dass er immer in der ersten Reihe bei den Partnerschaftsaktivitäten zu finden war. Durch seine Hobbies Angeln, Jagd und Sport kamen die intensiven Kontakte zum Anglerverein und zu den Jägern Gernsbachs zustande. Auch die Begegnungen zwischen den Sportvereinen Gernsbachs und Baccarats fußen auf seinen Initiativen. In Baccarat kommt die Würdigung für sein Engagement in der Benennung der Sporthalle zum Ausdruck, wo eine Plakette an sein Wirken erinnert. Ein Höhepunkt für seinen unermüdlichen Einsatz für die Partnerschaft war die Verleihung der Ehrenbürgerwürde am 17. Oktober 1981 in Gernsbach.

1983 verstarb Georges Béné überraschend auf dem Rückweg von einem Besuch in Gernsbach. In den Kondolenzschreiben von Bürgermeister Rolf Wehrle nach Baccarat kam die Wertschätzung für den unermüdlichen Förderer der Partnerschaft zum Ausdruck: „Nicht nur Ihre Stadt verliert einen guten Bürger, auch wir werden in Zukunft auf einen großen und besonderen Freund, auf einen Granitstein unserer gegenseitigen Freundschaft verzichten müssen.“ Für Baccarat war sein Tod ebenso ein einschneidendes Ereignis. Eigentlich sollte er nach seiner Rückkehr aus Gernsbach die Verdienstmedaille der Stadt Baccarat erhalten. So hatte der Baccarater Bürgermeister die schmerzliche Pflicht, ihm dies auf seinem Totenbett zu verleihen. “Wir werden sein Werk fortsetzen, denn seine Hingabe und Toleranz bleiben für uns vorbildlich.“

Sein Sohn Alain schaut in seinen Erinnerungen zufrieden auf das Lebenswerk seines Vaters zurück: „Er wurde für sein Engagement, seine Ernsthaftigkeit, aber auch seine Fröhlichkeit geschätzt.“ Seine Familie würdigt es sehr, dass jährlich zum Todestag von Geoges Béné ein Blumengruß aus Gernsbach auf sein Grab gelegt wird.

Regina Meier

Der Artikel erschien im Gernsbacher Bote 1/2025, Erscheinungstermin: 8. April 2025

 

Gemeindereform vor 50 Jahren abgeschlossen

Vor 50 Jahren wurde die Gemeindereform in Gernsbach abgeschlossen. Was heute als historisches Datum abgehakt wird, hatte vor einem halben Jahrhundert lokalpolitische Brisanz. Mit Eingemeindungsvertrag von Reichental zum 1.1.1975 trat eine mehrjährige Verwaltungsänderung in Kraft.

Durch eine Volksabstimmung im Jahr 1970 wurde letztlich der Verbleib Badens im Land Baden-Württemberg besiegelt. Dies führte zur Gebietsreform, die das Ziel hatte, leistungsfähigere Gemeinden zu schaffen. Daraus folgte die Gemeindereform, die den Zusammenschluss von Gernsbach, Staufenberg, Hilpertsau und Obertsrot, Lautenbach sowie Reichental zur Folge hatte.

Auf der untersten Ebene sollten Gemeinden mit mindestens 8.000 Einwohnern entstehen. Die Mindestanzahl wurde damit begründet, dass erst ab dieser Größe den gestiegenen Bedürfnissen der Bevölkerung – nach Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen, Altenheimen, Sport- und Schwimmanlagen, Kultur- und Sozialeinrichtungen – entsprochen werden könne. Den Gemeinden, die sich freiwillig zusammenschlossen, gab die Landesregierung Sonderzuschüsse nach dem Finanzausgleichsgesetz (FAG). Im Zuge dieser Reform kamen Staufenberg (1.1.1971), Lautenbach (1.1.1973), Obertsrot-Hilpertsau (1.7.1974) und Reichental (1.1.1975) zu Gernsbach hinzu. Unklar war zu Beginn der Reform noch die Entscheidung, ob Hörden sich nach Gaggenau oder Gernsbach orientieren würde. Auch die Entscheidung, ob die Gemeinden Weisenbach und Loffenau ihre Selbstständigkeit behielten, war noch nicht gefallen. Selbst eine Verschmelzung von Gaggenau und Gernsbach nach dem Vorbild von Villingen-Schwenningen war im Gespräch der Verwaltungen.

Wie bei allen Eingliederungen gab es auch beim ersten Akt, die  Eingemeindung von Staufenberg, vorab viele Verhandlungen. Die Diskussionen in der Bevölkerung waren so intensiv, dass der Staufenberger Gemeinderat die Rückendeckung der Einwohner wollte und einen Bürgerentscheid forderte. Im November 1970 stimmten auf den knapp 800 abgegebenen Stimmzetteln 629 Staufenberger für „Ja“ (79 Prozent). Damit war der Weg frei für die Umsetzung.

Von den vielfältigen Forderungen wurden einige Punkte aufgenommen, so der Bau eines Gemeinschaftshauses mit Mehrzweckhalle für Vereine, Veranstaltungen und den Sportbetrieb sowie den Erhalt der Markthalle für die Obstannahme mit eventueller Erweiterung der Obstkelter. Der Wunsch nach einem beheizten Freischwimmbad im Hahnbachtal wurde der Stadt Gernsbach zurückgegeben und erhitzte in den achtziger Jahren nochmals die Gemüter.

Die Eingliederung Lautenbachs zum 1. Januar 1973 verlief in ruhigeren Bahnen. Hier wurde bereits im März 1972 eine Anhörung der Bürger durchgeführt. Die Abstimmung der Bürger Lautenbachs, ob sie „für die Eingliederung der Gemeinde Lautenbach in die Stadt Gernsbach“ wären, brachte bei einer Wahlbeteiligung von knapp 79 Prozent 352 Stimmen für „Ja“ und 94 Stimmen für „Nein“. Damit war der Anschluss an Gernsbach mit 73 Prozent erfolgt. Mit geringen redaktionellen Änderungen nahm das Regierungspräsidium als Genehmigungsbehörde den ausgehandelten Vertrag an. Darin wurde die Vertretung der Gemeinde Lautenbach im Gemeinderat bestimmt und  – wie bei den anderen Gemeinden – der Hinweis auf die „Wahrung der Eigenart“.

Dazu gehörte nicht nur der Erhalt der Illertkapelle und des „Lautenbacher Feiertags“. Mit der Eingemeindung von Lautenbach stieg die Einwohnerzahl Gernsbachs um 700 Einwohner an und lag nahe an der 10.000-Einwohner-Grenze.

Hilpertsau und Obertsrot fusionierten bereits 1970. Damit wurde dem Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden von 1968 Rechnung getragen. Durch den überraschenden Tod des langjährigen Bürgermeisters von Obertsrot Karl Götz 1969 wäre eine Neuwahl eines Bürgermeisters notwendig geworden. Im Juni 1970 wurde Karlheinz Weßbecher zum Bürgermeister von Obertsrot und Hilpertsau gewählt. Bei den Gesprächen war der Obertsroter Gemeinderat mit Alfred Götz, Meinrad Götz, Rudolf Koch, Ernst Kohler, Erich Rothengatter und Karlheinz Weßbecher an der Spitze beteiligt. Der Gernsbacher Gemeinderat war neben Bürgermeister Wehrle mit den Stadträten Dr. Helmuth Hofmann, Otto Klumpp, Siegfried Schmoll und Hauptamtsleiter Heinrich Fortenbacher wie Erwin Fortenbacher vertreten. Wenn auch die Verhandlungen nicht einfach waren, so „habe man versucht, aus der Verwaltungsreform „unter Anwendung gegenseitiger Achtung und gegenseitigen Vertrauens das beste zu machen“, schrieb Rolf Wehrle, zu dem am 1. Juli 1974 unterzeichnete Eingemeindungsvertrag.

„Ab 1.1.1975 gehört Reichental zur Stadt Gernsbach“, so titelt die Eingangsseite des Stadtanzeigers 1975. Bürgermeister Rolf Wehrle betonte, dass die Gemeinderäte beider Gemeinden einen freiwilligen Zusammenschluss vereinbarten, was ansonsten gesetzlich verordnet worden wäre.

In der Silvesternacht wurde über die Ortsrufanlage die Neuigkeit verkündet.

Damit war der letzte Schritt in der Gebietsreform der siebziger Jahre in Gernsbach vollzogen.  Die Hoffnung des damaligen Ortsvorstehers Oswald Sieb hat sich zwischenzeitlich bewahrheitet: „… dass sich diese jetzt zwar schmerzlich empfundene Eingemeindung auf die Dauer doch zum Nutzen und Segen der Einwohnerschaft von Reichental auswirken möge.“

Heute haben sich die holprigen Anfängen der Gemeindereform zu einem partnerschaftlichen Miteinander zwischen der Stadt und den Ortsteilen entwickelt. 

Regina Meier

Die 48/49er-Revolution aus lokaler Sicht

Vor 175 Jahren fanden die revolutionären Gedanken um Freiheit, Gleichheit und Einheit eines deutschen Staates ihr vorläufiges Ende. Dazu erschien nun  der passende lokale Geschichtsrückblick. Zugeschnitten auf die lokale Verhältnisse schafft es Cornelia Renger-Zorn, die Ideen und Geschehnisse der Jahre 1848/49 lebendig rüber zu bringen. In 30 Kapiteln zeigt sie die Entwicklung auf und nimmt uns mit auf eine Zeitenreise in die Mitte des 19. Jahrhunderts.

Somit bekommt nicht nur die Badische Revolution Konturen, man gewinnt auch ein Verständnis über die gesellschaftliche Strukturen in der Kleinstadt. Die einzelnen Kapitel haben eine überschaubare Länge. Gegenüber der zugrunde liegenden Serie in der Lokalzeitung werden die Beiträge mit zahlreichen Fotos angereichert und geben umfangreiches Quellenmaterial an. So erhalten die Akteure der Revolution, nach denen in Gernsbach mehrere Straßen benannt sind, wie zum Beispiel die Carl-Drissler-Straße, ein Gesicht. Auch die Orte, an denen in Gernsbach die Revolution eine Rolle spielte, wie der Badische Hof oder der Goldene Bock, werden verortet und regen zur Spurensuche an.

Cornelia Renger-Zorn benennt auch die Opfer der Kampfhandlungen und  eigt auf, welch hohen Preis die damaligen Vertreter der Demokratiebewegung zu zahlen hatten, manche wurden zu hohen Geldstrafen oder Gefängnisaufenthalten verurteilt. Sie listet detailgenau die Bürger auf, die sich für Grundrechte und Gleichheit vor dem Gesetz einsetzten und stellt auch die Gegner wie auch die Opportunisten vor – ein wahres Kleideroskop der damaligen Gesellschaft.

In ihrem Schlusswort spannt Cornelia Renger-Zorn den Bogen zu den aktuellen politischen Ereignissen. Letztlich habe der Einsatz der Revolutionäre und freiheitsliebenden Bürgerinnen und Bürger 1848/49 die Umsetzung der Verfassung der Weimarer Republik und letztlich unser heutiges Grundgesetzt gefördert: „Ob die Bewegung und Verfassung von 1849 dann ein so bedeutendes Vorbild für die moderne freiheitlich-demokratische Grundordnung … hätte werden können, ist zu überlegen.“ Wären wir bereit, für Demokratie und Einheit auch diesen hohen Preis zu zahlen wie es damals die Revolutionäre getan haben?

Badner Buch Verlag, Hardcover, 166 Seiten, erschienen September 2024, 19 Euro.

Kalender 2025: Where the West still lives

San Francisco – Blick auf die Golden Gate Bridge und Kite Surfer

Und wo ist der Kalendermonat versteckt? Wer findet die Spuren im Sand?

 

 

 

 

Vor einem Jahr durften wir diese unglaubliche Küstenlandschaft Oregons erleben. Oftmals waren wir von dieser magischen Küstenlandschaft so gefangen, dass wir nicht wussten, ob wir uns in einer realen Welt bewegten. Jede Bucht brachte neue Ausblicke, da war der Leuchtturm  Heceta Head eine von vielen Höhepunkten. Zu schnell ging die Reise im Westen Amerikas vorbei, und auch der diesjährige Juli, begleitet von diesem sommerlichen Kalenderblatt, ist wie im Flug vergangen. Wir können die schönen Momente nicht festhalten, aber die Erinnerung daran besteht fort – solange wir davon berichten, solange die Erlebnisse in uns lebendig sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Murials in San Francisco waren ein Höhepunkt bei unserer letzten San Franciscso Reise.

 

 

Das März-Motiv des Kalenders hat so gar nichts mit den üblichen Frühjahrsmotiven zu tun. Dafür umso mehr mit den Eigenheiten der Westküste Amerikas. Brücken! Eine Fahrt entlang des Highway 101 brachte uns über zahlreiche Brücken. So viele metallene Bauwerke führen über die Zuflüsse des Pazifiks, so unterschiedlich sind sie in Bauweise und Erscheinungsbild. Eine der spektakulären Freischwingerbrücken überspannt die Coos Bay in der Nähe von North Bend, Oregon. Als sie 1936 fertiggestellt wurde, hieß sie die North Bend Bridge. 1947 wurde sie zu Ehren von Conde B. McCullough, ihrem Designer, umbenannt. Diese und zehn weitere große Brücken am Oregon Coast Highway wurden unter seiner Aufsicht entworfen.

Die Conde B. McCullough Memorial Bridge ersetzte Fähren, die früher die Bucht überquert hatten. Die Brücke wurde aufgrund kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung in das National Register of Historic Places aufgenommen. Als sie 1936 fertiggestellt wurde, war sie die längste Brücke Oregons. 

Bei dem Kalenderblatt findet man erst auf dem zweiten Blick den Monatsnamen, so verschmolzen ist er mit den Streben der Brückenkonstruktion. 

Das Februar-Monatsblatt nimmt ein spannendes Motiv in San Francisco auf. Ein Wandgemälde vereint vereint all die bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt, angefangen von der Golden Gate Bridge, Coit Tower, dem Turm des Ferry Buildings, dem Alamo Square bis hin zu China Town und der Cable Car . Aber auch die überall blühenden Poppies oder die Surfer von den Stränden der Stadt wurden festgehalten. So bunt und so vielfältig wie San Francisco ist, sind auch die Farben des Wandgemäldes gehalten.

Bei dem Aufenthalt in San Francisco haben wir in mehreren Stadtteilen bei unseren Walks Wandmalereien gefunden. Diese Murals genießen bereits den Ruf einer Szene-Kultur, sie sind eine Form der Malkunst, bei der das Bild fest mit dem Untergrund verbunden ist. Damit ist das Werk unverrückbar mit einem Ort verankert und transportiert so eine lokale, gesellschaftliche oder politische Thematik an den Passanten. Und jeder der vorbeigeht, empfindet dieses Werk im öffentlichen Raum unterschiedlich. Doch man kann ihm nicht entgehen. Spannend. Interessant wir in die graue Betonfläche im unteren Teil das Kalendarium eingefügt wurde!

Der Januar hat schon richtig Fahrt aufgenommen. Welch Motiv der bunten, quirligen Stadt San Francisco passt da besser dazu als eine Cable Car.  Dieses historische Schienenfahrzeug ist nicht nur für Touristen eine Attraktion, sondern für die Bewohner ein bedeutsames Nahverkehrsmittel.  Eine Fahrt mit der Cable Car gehört zu einem Besuch in San Francisco selbstverständlich dazu!
Die Anfänge der innerstädtischen Kabelbahnlinie gehen auf das Jahr 1873 zurück. Damit gilt die Cable Car San Francisco zu der  ersten praktischen Umsetzung einer Kabelbahnlinie in der Welt! Für alle, die in den Genuss des Cable Car-Fahrens über die Hügel von San Francisco kommen, werden die Glockenzeichen vom Bremser zum Gripman unvergessen bleiben. Man kann nur hoffen, dass diese überlieferte Technik noch recht lange aktiv bleibt. Denn das Bimmeln der Bahnen, das Einrasten der Antriebsseile, das Rangieren auf den Drehscheiben an den Endstationen  wie auch das Rufen der Schaffner der einzelnen Stationen gehören zu den unverwechselbaren Erlebnissen bei einem San Francisco Aufenthalt.

Wenn bei uns der Monat Januar von grauen und weißen Farben – vereinzelt auch von einem blauem Himmel – bestimmt ist, so ist dies in San Francisco nicht der Fall! Selbst die Cable Cars der quirligen Stadt San Francisco tragen bunte Farben. Die Gestaltung des Kalendariums des Monatsblatts Januar 2025 greift diese starken Farben auf und führt das Rot der Cable Car und das Gelb des Fußgängerüberwegs fort. Lebendigkeit pur!

 

Der Jahreskalender 2025 “Where the West still lives” nimmt das Motto unserer Reise nach Kalifornien auf. Dort konnten wir wieder die Gastfreundschaft von Freunden genießen und die einzigartige Faszination von San Francisco erleben. Wir freuen uns immer wieder über neue Blickwinkel in dieser faszinierenden Stadt und über das bunte Leben der Bewohner. Auf zwölf Monatsbildern könnt ihr 2025 unsere Reise durch Kalifornien und Oregon begleiten. Die Motive stammen aus San Francisco, von der kalifornischen Pazifikküste und der Naturschätzen Oregons.
Wir konnten dieses Mal in verschiedenen Momenten die Aufarbeitung der vielfach schmerzhaften Geschichte der indigenen Bevölkerung erleben. Mehr als in den Jahren zuvor haben wir etwas über die Wurzeln der Gesellschaft im weiten Westen des Landes erfahren und konnten auf den Spuren der Siedler und Cowboys und der indigenen Bevölkerung wandeln: Sei es im historischen Museum der ältesten Mission Kaliforniens oder im Holocaust Center des Jewish Family and Childrens Services.
Wir kamen mit so vielen unterschiedlichen Aspekten des Landes in Berührung, haben so viele spannende Landschaften gesehen, da fällt es schwer, nur zwölf Fotos für einen Jahreskalender auszusuchen. Dank der kalligraphischen Gestaltung von Martina wurden aus den einzelnen Aufnahmen unverwechselbare Kunstwerke, die immer das Motiv aufnimmt und graphische Akzente setzt. Lasst euch mitnehmen auf diese Reise!
In diesen ersten Stunden des Jahres dürfen wir allen erst mal alles Gute für 2025 wünschen!

„The Wish“ auf dem Bildhauersymposium in Wisconsin

 Mit einem Willkommensfest wurde Bildhauerin Annegret Kalvelage vor ihrem Kunstraum in Gernsbach überrascht. Die Künstlerin war von dem einwöchigen Bildhauer-Symposium in Wisconsin, USA, zurückgekommen. Auf dem Harry Whitehorse Wood Sculpture Festival hatte sie eine lebensgroße Figur „The Wish“ gefertigt. Freundinnen und Freunde, Nachbarn und Altstadtaktive hatten sich versammelt, um die Künstlerin nach ihrer Rückkehr zu feiern.

Sie konnte viel erzählen von der Arbeit an der Skulptur und dem bereichernden Miteinander der internationalen Künstlertruppe am Lake Monona gelegen. „Mit der Teilnahme auf diesem Symposium wird ein langgehegter Wunsch von mir wahr, gestand die Künstlerin nach ihrer Rückkehr.

Die Bildhauerwoche wurde intensiv durch die sozialen Medien und Zeitungen vor Ort verfolgt. So wurden die einzelnen Künstlerinnen und Künstler jeweils ausführlich vorgestellt. „I’m very proud to be here“, bekannte Annegret Kalvelage bei einem der Interviews. Zahlreiche Videos hielten virtuell den Fortschritt an den Skulpturen fest. Als offensichtlich wurde, dass in dem Baum am Arbeitsplatz von Annegret Kalvelage eine Wanderdrossel nistete, war die Überraschung perfekt. „Es war für mich ein Ausdruck des besonderen “Spirits” an diesem Ort , da ich ja einen Vogel in meiner Skulptur vorgesehen hatte“, erzählte die Künstlerin. Besondere Wertschätzung erfuhr die Künstlerin durch die zahlreichen Besucherinnen und Besucher, die ihr bei der Arbeit über die Schulter schauen konnten. Annegrets Kalvelages fertige Skulptur wird zukünftig im Botanischen Garten von Madison zu bewundern sein.

Dieses Festivals wurde dank zahlreicher Sponsoren von Gene Delcourt zu Ehren des verstorbenen Bildhauers Harry Whitehorse initiiert. Zeit seines Lebens war eine solche Veranstaltung der Traum dieses Holzkünstlers, der dem Stamm der Ho Chunk angehörte. Er wurde in seiner Heimatstadt geschätzt für seine Skulpturen. Seine Motive entstammen häufig aus dem Kulturkreis der Ho Chunk, die in dem Gebiet der Großen Seen daheim sind.

Ich hatte Annegret auf dieser Reise begleitet. „Für mich war das Erleben des Rahmenprogramms der Ho Chunk Festivals ein besonderer Höhepunkt“, fasste Regina Meier ihre Zeit auf dem Festival in Wisconsin zusammen. Ich nutzte die Zeit zu Familienrecherchen und Besuchen von Nachfahren ehemaliger Gernsbacher jüdischen Glaubens, die während der Nazi-Zeit Deutschland verlassen hatten. Bei der eindrucksvollen Eröffnungs- und Schlusszeremonie war ich dabei, sehr eindrucksvolles Kennenlernen der Ho Chunk Kultur.  Auch während der Arbeitswoche bereicherten sie mit ihren traditionellen Kunsthandwerken die Künstler-Aktion.

„Unsere Geschichte ist nicht in Geschichtsbüchern festgeschrieben“, erfährt man von den Vertretern der Ho Chunk Nation über ihre Vergangenheit. Aber sie reicht viele Jahrhunderte zurück in dieser Region.“ Die Überlieferungen in Tänzen, Trommeln und Gesängen wurden bei dem Festival demonstriert, ebenso wie die historischen Gewänder. Dazu gibts Präsentationen traditioneller Handarbeiten. So findet durch dieses Festival die Kultur der Ho Chunk eine neue Aufmerksamkeit – nicht nur durch die Künstlerinnen und Künstler sowie den Gästen, sondern auch durch die Einwohner von Madison, das gerade auf der anderen Seeseite des Festivals-Geländes liegt. Bislang sind die indigene Wurzeln ihrer Gegend nachrangig betrachtet worden. Viele der Hauptstadtbewohner nutzen das Festival als Möglichkeit, den Darbietungen Americans mitzuerleben. Somit hat das Bildhauer-Festival eine weitere kulturverbindende Ausrichtung.

Die Ho Chunk bedankten sich am Ende des Festivals mit einem handgefertigten Umhang bei den Künstlerinnen und Künstlern. Auch für Annegret Kalvelage war die Überreichung der Decke eine besondere Auszeichnung. Daher präsentierte sie diese Handarbeit gerne auf ihrer Willkommensfeier. Sie ist für sie Ausdruck der tiefen Verbundenheit der Ho Chunk zu ihren Wurzeln und der Gemeinschaft während dieser Bildhauer-Woche. Jetzt kann sie erst mal durchschnaufen. Doch die nächsten Termine sind schon fixiert: Am Sonntag, 7. Juli  geht es schon nach Kronach zur “HolzART XXVI“, Ende August ruft das Internationale Bildhauersymposium in St. Blasien.

Regina Meier

 

In den Badischen Neuesten Nachrichten, Ausgabe Murgtal, 11. August 2024, wurde ein Artikel über die Beteiligung von Annegret Kalvelage bei dem Harry Whitehorse Wood Sculpture Festival veröffentlicht.

60 Jahre Städtepartnerschaft wurde in Baccarat gefeiert

„An Tagen wie diesen…“ – Mit diesem bekannten Liedtext kann man sicherlich die Hochstimmung bei dem 60-jährigen Partnerschaftsjubiläum Gernsbach – Baccarat einleiten. Wie bei dem bekannten Lied von den „Toten Hosen“ beschreiben diese Stunden in Baccarat, die die Aktiven aus Baccarat und die Besucherinnen und Besucher aus Gernsbach erleben durften.

Zu einer Jubiläumsfeier anlässlich des 60. Geburtstages der Städtepartnerschaft Gernsbach und Baccarat waren zahlreiche Gernsbacherinnen und Gernsbacher in die Stadt an der Meurthe aufgebrochen. Den 140 Gästen aus dem Murgtal wurde in der Kristall-Stadt ein abwechslungsreiches Programm geboten.

Die Bürgermeister der beiden Städte, Christian Gex und Julian Christ, hielten die zentralen Ansprachen bei dem Festakt in der Stadthalle, würdigten die Anfänge der Partnerschaft und betonten die lebendige Verbundenheit zwischen den Bürgerinnen und Bürger der beiden Städte. Sie blickten zurück auf das Jahr 1964, als die Bürgermeister Hubert Ancel aus Baccarat und August Müller aus Gernsbach die Städtepartnerschaft in einem gegenseitigen Vertrag begründeten. Seither gibt es einen regelmäßigen Austausch verschiedener Gruppen diesseits und jenseits des Rheins.

Aus den Händen von Julian Christ konnten Christian Gex und Yvette Coudray, stellvertretende Bürgermeisterin aus Baccarat und Vorsitzende des Partnerschaftskomitees, das Gastgeschenk aus Gernsbach in Empfang nehmen: eine hölzerne Schnitzarbeit aus der Werkstatt von Ludwig Merkel mit den beiden Stadtwappen. Jean-François Husson, Sénateur de Meurthe-et-Moselle, war eigens aus Paris angereist, um das Jubiläum zu würdigen. Er beschloss seine Rede mit einer Laudatio auf den Élysée-Vertrag von 1963, der der deutsch-französischen Freundschaft einen rechtlichen Rahmen gegeben hatte.

Aufführungen der Baccarat-Tanzgruppe sorgte für einen lebendigen Ausklang des Festaktes. Danach überreichte der Arbeitskreis Stadtgeschichte gemeinsam mit Bürgermeister Julian Christ ein Album mit historischen Fotos an den Bürgermeister von Baccarat. Aus der privaten Sammlung des ehemaligen Bürgermeisters August Müller hat der Arbeitskreis Aufnahmen aus den Jahren 1964 und 1965 ausgewählt, auf denen die Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden und die ersten gegenseitigen Besuche festgehalten sind. Das Album wurde mit einem Ausspruch von Georges Béné (1905–1983), einstiger stellvertretender Bürgermeister von Baccarat, Förderer der Städtepartnerschaft und Ehrenbürger von Gernsbach, eröffnet: „Les ponts d’homme à homme sont plus résistants que le béton” („Brücken von Mensch zu Mensch sind dauerhafter als Beton.“).

Der Festsaal der Stadthalle war liebevoll in französischen und deutschen Farben dekoriert. Ein schmackhaftes Mittagessen, geliefert von einem Restaurant aus Baccarat und serviert von ehrenamtlichen Helfern, rundete den Festakt ab.

Einzelne Gruppen aus Gernsbach absolvierten ein zusätzliches Programm, so die Sportfischer „Petri Heil“ und die Radfahrer vom Skiklub Gernsbach. Die Gruppe trifft sich seit Jahren mit den Mitgliedern V.T.T Tonic Baccarat.

Auch Künstlerinnen und Künstler aus Gernsbach bereicherten die Aktivitäten, in dem sie sich erstmals zu einer künstlerischen Aktion mit Vertretern der Baccarater Kunstszene verabredet hatten. Damit bewiesen sie, was in den Festreden jeweils betont worden war: Die Partnerschaft entwickelt sich stets weiter, immer neue Beziehungen halten die Verbindung lebendig.

Im Rathaus gab es eine Ausstellung zu der 60-jährigen Geschichte der Partnerschaft mit zahlreichen Fotos. Bereits im Foyer wurde mit einem Biedermeier-Kleid und dem Gewand eines Freischärlers die Verbindung nach Gernsbach symbolisiert. Sogar das Kostüm einer Bleichhexe wurde ausgestellt – lebensgroß mit Schurz, Perücke und Besen. Im Treppenhaus waren Zeichnungen von Schulkinder ausgestellt, die in farbenfroher Vielfalt Friedenstauben in den deutsch-französischen Staatsfarben gemalt hatten.

Das neue Kristallmuseum war für alle Besucher eine große Überraschung. Zwischen Rathaus, Kirche und Stadthalle liegt in einem historischen Gebäude die modern gestaltete Ausstellung „Baccarat Collection“. Das Kleinod wurde im Oktober 2023 eröffnet und präsentiert die Historie der Glasherstellung in Baccarat sowie die Bedeutung als weltweiter Lieferant von exzellenten Glaswaren und -kunst. Über 600 Kunstwerke, darunter exklusive Stücke aus der Parfümflaschen-Kollektion, machen die Faszination Glas sichtbar.

Eine Feuerwehrübung wurde am Nachmittag geboten, ebenso ein Konzert in der Kirche in einer gemeinsamen Aufführungen des Chors „La Guériotte“ aus Baccarat und einem Ensemble der Musikschule unter Leitung von Ulrike Merz. Außerdem wurde für die Besucherinenn und Besucher, groß und klein, eine Stadtralley geboten.

Die Gernsbacher Delegation konnte gar nicht alle Angebote der Partnergemeinde annehmen, so vielfältig war das Programm. Es blieb dennoch genügend Zeit für den persönlichen Austausch, so dass die Zeit bis zur Abfahrt der Busse wieder Richtung Gernsbach wie im Flug vorrüberging.

Es war ein ereignisreicher Tag mit viel Rückblicken in die Vergangenheit, aber auch vielen neuen Begegnungen, die die Partnerschaft lebendig halten. Wir freuen uns schon auf den Gegenbesuch im kommenden Jahr.

Regina Meier

Der Artikel erschien im Gernsbacher Boten 2/2024, Juni 2024

Polarlichter über Gernsbach

Farbiger Abendhimmel

Das hätte ich mir nicht träumen lassen: Zu nacht-später Stunde waren am 11. Mai 2024 über Gernsbach Polarlichter zu sehen. Kräftige violette Lichterscheinungen am Himmel veränderten sich manchmal in pink. rot, oft ins blau gehende, zwischendrin kamen auch grüne Phasen hinzu. Eigentlich treten die Polarlichter in den Gebieten um den Nord- und Südpol auf, aber jetzt in Mitteleuropa! Auf jeden Fall war es wert, etwas länger als üblich wach zu bleiben und einen Rundgang durch die Stadt zu machen. Selbst über der Altstadt, die von Straßenlampen erleuchtet ist, waren diese Himmelsphänomen zu erkennen. Ich muss zugeben, dass ich mit bloßem Auge die Farben nicht so intensiv gesehen habe wie durch die Kamera. Allerdings war ich auch mitten in der Stadt, das wäre in lichtarmen Gegenden sicherlich anders gewesen. Auf jeden Fall war ich völlig gefangen von dieser Farbenpracht am Nachthimmel! Magische Momente!

Erst jetzt – nach Tagen – wird mir die ganze Bedeutung dieses Erlebnisses bewusst. Solange die Polarlichter zu sehen waren, war ich aufgeregt auf Gernsbachs Straßen unterwegs.  Mir war dies möglich nach Mitternacht bis ca 1.15 Uhr, dann wurde das Leuchten immer schwächer. Jetzt, Tage später, kann ich gar nicht mehr aufhören, diese festgehaltenen, phantastischen Himmelserscheinungen anzuschauen.

Ich bin sehr froh, dass ich zufällig an diesem Abend im Freien war und die Chance hatte, dieses Ereignis festhalten zu können.

„Geschichte in Schichten“ – Die Heilige Anna aus Gernsbach

Die Statue der Heiligen Anna aus Gernsbach wird derzeit einer gründlichen Untersuchung in den Werkstätten des Landesamtes für Denkmalpflege in Esslingen unterzogen. Dabei kommt unter den zahlreichen Malschichten eine anmutige Figur zutage, die allerdings durch die Witterungseinflüsse stark gelitten hat und über die Jahrhunderte so manche Überarbeitung erfahren hat. Bei einem Besuch von Mitgliedern des Arbeitskreises Stadtgeschichte  und Dominic Breyer, Vertreter des Stadtbauamtes Gernsbach, erhielt die Gernsbacher Delegation im Januar 2024 eine umfassende Darstellung der bisherigen Ergebnisse.

Im Mai 2023 wurde die Heilige Anna von ihrem Sockel vor dem Alten Rathaus gehievt und sorgfältig verpackt nach Esslingen gebracht. Dr. Dörthe Jakobs, Hauptkonservatorin und Leiterin Fachgebiet Restaurierung am Landesamt für Denkmalpflege, und Roland Lenz, Professor für Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei, Architekturoberfläche und Steinpolychromie von der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, haben die Statue angenommen und die wissenschaftliche Inspektion zugesagt. Bereits diese Zusage ist schon ein Beweis, dass die Denkmalpflege die Figur der Heiligen Anna zum wertvollen Kulturdenkmalbestand des Landes zählt.

Zwei Masterstudierende, Leandra Schöll und Benno Stadtherr, haben sich in den vergangenen acht Monaten intensiv mit der Heiligen Anna auseinandergesetzt und ihre Semesterarbeit dieser Figur gewidmet. Dabei haben die beiden Absolventen in ihren akribischen Recherchen bedeutende Ergebnisse zutage gefördert. In den Werkstätten des Landesamt für Denkmalpflege in Esslingen stehen den beiden Masterstudierenden die modernsten Untersuchungs-Möglichkeiten zur Verfügung.

Fesselnd und verständlich aufgearbeitet konnten die beiden Studierenden die fachlich fundierte Analyse Besuchern und Fachleuten präsentieren. Selbst für Laienblicke ist der erhebliche Material- und Substanzverlust an den Fassungen der Figur offensichtlich. Verwitterungen liegen vor, in mehreren Probeentnahmen konnten die Schäden in den einzelnen Bereichen der Figur nachgewiesen werden. Anhand von hauchdünnen Entnahmen, welche mit dem bloßen Auge fast nicht sichtbar sind, konnten sie die Risse in den Malschichten, den biogenen Bewuchs und Mikroorganismen nachweisen. Aus einer winzig kleinen Probe wurde in der Werkstatt eine großformatige Aufnahme auf die Leinwand projiziert.

Anschaulich verdeutlicht die Ausführungen die „Malschichtschollen“ oder die „Verunklärung des Steinschnitts“. Anhand eines Stratigraphie-Profils zeigten die Studierenden die Gemeinsamkeiten von Postament, Säule und Skulptur. Weitere Probeentnahmen aus der Säule und dem Podest, auf dem die Heilige Anna vor dem Alten Rathaus stand, wurden von Leandra Scholl und Anna Lisa Krautheimer, der Betreuerin der Arbeiten und Akademische Mitarbeiterin des Lehrstuhls Restaurierung, bei einer weiteren Exkursion nach Gernsbach, gemacht. Außerdem wurden die angrenzenden Häuserwände untersucht. Dabei wurden weitere erstaunliche Zusammenhänge deutlich herausgearbeitet.

Quelle: Stadtarchiv Gernsbach

Die Geschichte der Statue der Heiligen Anna liegt im Dunkeln. Dr. Cornelia Renger-Zorn, Gernsbach, hat bei ihren Recherchen zu dem Ebersteiner Vogt Bitzberger durch intensives Quellenstudium herausgefunden, dass der Ebersteiner Vogt diese Heiligenfigur zu Beginn des 18. Jahrhunderts vor seinem Haus aufstellen ließ. Er hatte seinen Sitz direkt neben dem Alten Rathaus. Noch auf Postkarten, die vor etwa 100 Jahren gedruckt wurden, zeigt sich, dass die Figur einst direkt vor dem Gebäude Hauptstraße 15 stand (dem heutigen Optikergeschäft Knapp). Durch das Anlegen eines breiteren Gehwegs und dem Entfernen eines zusätzlichen Eingangs rutschte die Figur mitsamt Sockel und Podest in die Hausnische zum Alten Rathaus und beförderten weiter die Witterungsschäden.

Einziger Lichtblick in der gesamten Schadensanalyse der Heiligenfigur war in der Präsentation die Aussage, dass der Sandstein selbst, aus der die Figur gefertigt ist, in einem guten Zustand ist. Allerdings sind Kittungen notwendig. Nachweisbar ist , dass die einzelnen Malschichten, wobei die Studierenden insgesamt 24 Schichten gezählt haben, erhebliche Schäden aufweisen. Sie stießen bei ihrer Untersuchung auch auf die ältesten Schichten und stellten zuunterst eine monochrome Fassung fest. Die ursprüngliche Fassung aus dem frühen 18. Jahrhundert war wohl eine Smaltefassung, für damalige Zeit typisch. Für Professor Lenz ist die Heilige Anna aus Gernsbach ein faszinierendes Beispiel, wie sich „Geschichte in Schichten“ darstellt.

Einig sind sich die Fachleute, dass es sich bei der Heiligen Anna aus Gernsbach um eine außergewöhnliche Figur handelt, deren Grazie bislang durch die zahlreichen Malschichten nicht in vollem Umfang zur Geltung kommt. Sie ist mit einem Strahlenkranz ausgestattet, der ebenfalls stark gelitten hat und den die Studierenden eingehend betrachtet haben. Dank aufmerksamer Gernsbacher konnten die ausgebrochenen Teile gefunden werden und werde wohl eines Tages wieder in den Kopfschmuck eingefügt werden. Auch das Buch, das die Figur in Händen hält und das prägnante Merkmal für die Heilige ist, hat stark gelitten. Wohl ist schon in der ersten Fassung aus dem frühen 18. Jahrhundert dieses Buch mit einer Goldfassung versehen. Ein ungewöhnliches Merkmal der Gernsbacher Anna ist die großformatige Sonne auf der Brust. Diese gehört nicht zu der typischen Ikonographie der Heiligen, macht dieses Kunstwerk allerdings zu einem unverwechselbaren Werk.

Eine mögliche Restaurierung von Figur, Postament und Säule bedarf erfahrener Fachleute, denn die Aufarbeitung verlangt wohl das ganze Können der Restauratoren-Zunft ab. Selbst für die derzeitige Prozess bedarf es das Zusammenspiel mit weiteren Fachleuten. Dies ist in den Werkstätten des Denkmalamtes möglich. So ist auch Teresa Kolar, Steinrestauratorin beim Landesamt für Denkmalpflege und Restauratorin für Wandmalerei und Architekturoberflächen, in die Arbeiten eingebunden. Interessant ist auch das unterschiedliche Alter und das Zusammenspiel von Podest und Säule, auf der die Heilige Anna bisher stand, insbesondere im Kontext der Architektur, wie Dr. Dörthe Jakobs vom Landesamt für Denkmalpflege, bei dem Besuch der Gernsbacher ausführte.

Für die Heilige Anna und die Stadt Gernsbach als Eigentümerin ist die umfassende Betrachtung in den Werkstätten des Landesamtes ein Glücksfall, denn für die Stadt fallen lediglich die Kosten für den Transport von Gernsbach nach Esslingen an. Dieser war wohl recht aufwändig, damit die historische Kleinod keinen Schaden davonträgt.

Die Studierenden wurden bei der Präsentation auch nach ihrer Einschätzung gefragt, wie eine Restaurierung aussehen könnte. Doch dazu muss die gesamte Untersuchung vorliegen. Mit bedacht werden müssen dabei natürlich auch die Kosten, denn die Restaurierung muss in einer Fachwerkstatt erfolgen. In Zeiten der Flaute in den öffentlichen Geldtöpfen werden dabei sicher auch Spendenaktionen vonnöten sein. Für den Erhalt und Wiederkehr in die Murgtalgemeinde, in der die Heiligenfigur seit über 300 Jahren ihren Platz hatte, ist da Ideenreichtum und Engagement gefragt. Die einzelnen kleineren bisherigen Aktionen aus der Bürgerschaft, der Jan-Brauers-Stiftung und dem Arbeitskreis Stadtgeschichte muss ein Gesamt-Konzept folgen, das auch die Möglichkeit des Crowd-Funding einbeziehen sollte.

Für die Studierende stellt die Heilige Anna aus Gernsbach nicht nur in technischer Sicht eine Herausforderung dar. Ihre Arbeit trägt den Titel „Untersuchung und Entwicklung eines Konservierungs- und Restaurierungskonzepts für Postament, Säule und Skulptur“. Somit geht ihre Aufgabe über die reine Schadensaufnahme hinaus. Dies trägt der modernen Denkmalpflege Rechnung, die durch ein Umdenken im Umgang mit dem Denkmal gekennzeichnet ist. Zur differenzierten Hochschulausbildung gehört auch die Einbettung in Beratung und Begleitung von Restaurierungsmaßnahmen.

Darüber hinaus ist noch nicht geklärt, was mit der Heiligenfigur geschieht, nachdem sie untersucht und restauriert ist? Wird sie wieder an Ort und Stelle aufgestellt und die Gernsbacherinnen und Gernsbacher hoch oben von ihrem Sockel grüßen? Welche Entscheidung trifft die Gernsbacher Stadtverwaltung zur weiteren Vorgehensweise? Vor allem, in welcher Fassung wird sie sich zukünftig präsentieren? Die Studierenden könnten diese Fragestellungen begleiten und dazu eine Einschätzung abgeben. Für sie zeigt sich an diesem herausragenden Kulturwerk in bester Weise, wie ein Kunst- und Kulturgut mit dem Anspruch seiner Erhaltung zum ständigen Dialog auffordert. Denn mit der Untersuchung und mit der Restaurierung ist es allein noch nicht getan. Nur wenn das Kunstwerk von der Öffentlichkeit angenommen und geschätzt wird, entfaltet es seine wahre Größe.

Für die Stiftung Denkmalschutz, die sich in Gernsbach bereits beim Storchenturm und den Zehntscheuern engagiert hat, gibt es eine klare Maxime: „Denkmale zu schützen bedeutet auch, Geschichte, Geschichten und Zeitgeist an authentischen Orten der Erinnerung lebendig zu halten.“ Mal sehen, wie sich dies an der Figur der Heiligen Anna aus Gernsbach umsetzen lässt.

Regina Meier

Eine Kurzfassung des Artikels erscheint im Gernsbacher Bote 1/2024, Erscheinungstermin: 19. März 2024

Ein Weg voller Sterne in Bühlertal

An diesem ersten Adventswochenende hat alles gepasst. Der erste Schneefall in dieser Saison hat die Höhen des Schwarzwalds in weiß getaucht. Somit war es ein entspannter Ausflug zum Sternenweg in Bühlertal, da wir ihn von Gernsbach aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln organisiert hatten.  Vorbei an der Schwarzenbachtalsperre und Herrenwies näherten wir uns über die Schwarzwaldhochstraße dem weihnachtlich dekorierten Ziel.

Schon der Auftakt im ” Haus des Gastes” war ein besonderes Erlebnis. Dort konnte man auch den Stand von Holzbildhauer Simon Stiegeler finden, der mit seinen Kunstwerken wertvolle Impulse für den Sternenweg geliefert hat. Seine Flügelwesen sind auch entlang des Weges zu entdecken.

Der etwa 3-km-lange Weg führt über den Breitmattplatz und der Haabergstraße zum Denkmal mit seinem weiten Blick auf Bühlertal. Seinen besonderen Charme entwickelt der Weg bei Dunkelheit. Rechts und links des Weges sind illuminierte Kunstwerke zu entdecken, aber auch viele ansprechende Dekorationen der Anwohner sowie der eine oder andere Verkaufsstand mit Schnaps oder Gebasteltem. Auch wärmende Getränke in Selbstbedienung laden zum Verweilen ein. Vor einzelnen Laternen findet man handgeschriebene Zitate und Lebensweisheiten auf Metallsternen, Anregungen zum Nachdenken. Besondere Attraktion bieten die Hunderte von beleuchteten Sternen, die an Fassaden, über dem Bachlauf und entlang der Straßen eine anheimelnde Stimmung erzeugen. Kein Wunder benötigten wir viel mehr Zeit, bis alle Kleinode entdeckt waren und mussten uns sputen, um unseren Fahrplan zur Heimfahrt einzuhalten.

Wieder in Gernsbach angekommen, konnten wir noch das 2. Adventsfenster in den Zehntscheuern bewundern. Und wie passend das Motiv zu unserem Ausflug war: die Sternentaler-Sammlerin!